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Polens AußenpolitikAuf antieuropäischem Kurs

Anastasia Zejneli
Kommentar von Anastasia Zejneli

Die erste Auslandsreise des polnischen Präsidenten führte zu Donald Trump. Doch die USA sind ein unsicherer Bündnispartner.

Was haben die Eu­ro­päe­r*in­nen jemals für Polen getan? Der polnische Präsident Karol Nawrocki auf der Halbinsel Westerplatte Foto: Adam Warzawa/PAP/dpa

W as muss sich Karol Nawrocki gefreut haben. Der Nationalist reiste – wohin auch sonst – für seinen ersten Amtsbesuch als polnischer Präsident in die USA zu Donald Trump. Denn Nawrocki ist, wie seine rechten Verbündeten, ein Feind der liberalen Demokratie und ein Freund der nationalistischen MAGA-Bewegung des US-Präsidenten.

Das Treffen am Mittwoch scheint für Nawrocki auf den ersten Blick gut gelaufen zu sein: Trump sagte zu, weitere US-Truppen in Polen zu stationieren. Damit entgegnete er polnischen Befürchtungen über einen Abzug der US-Truppen. Für Nawrocki passt Trumps Zusage in seine eigenen antieuropäischen Erzählungen: Ein starkes Polen brauche lediglich die Amerikaner als großen Bündnispartner. Polen hat ein historisch gewachsenes Interesse an Beziehungen zu den USA.

Nawrocki feiert die Bereitschaft der Amerikaner als alleinigen Erfolg. Doch Trumps vage Zusagen sind kaum auf Nawrocki, sondern vielmehr auf jahrzehntelange Diplomatie zurückzuführen. Zudem bleibt mit einem unzuverlässigen Partner wie Trump offen, wie eine tatsächliche weitere Unterstützung der USA in Polen aussehen wird. Daher ist es richtig, dass Polens Premier Donald Tusk weiterhin an gemeinsamen europäischen Lösungen festhält.

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Während sich Tusk am Mittwoch in Paris mit der „Koalition der Willigen“ trifft, um über gemeinsame Lösungen für ein sicheres Europa zu diskutieren, steuert Nawrocki mit seinem Besuch auf Distanz zur außenpolitischen Linie der Regierung. Nawrocki geht es, wie von progressiven Kräften befürchtet, allein darum, seine nationalistischen Interessen durchzusetzen. Das freut den russischen Präsidenten Wladimir Putin, der jeden Knick in der europäischen Gemeinschaft beobachtet. Nawrockis Nationalismus bekamen zuletzt auch die ukrainischen Geflüchteten in Polen zu spüren. Weitere finanzielle Hilfen für Familien verhinderte Nawrocki mit seinem Veto.

Dass er mit seiner Politik die Unterstützung der Bevölkerung verliert, scheint den Mann, der „die Stimme der polnischen Nation“ sein will, momentan nicht zu interessieren.

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Anastasia Zejneli
Redakteurin
Jahrgang 1999, studierte Wirtschaftspolitischen Journalismus in Dortmund, war Taz-Volontärin und arbeitet aktuell im Auslandsressort und bei Taz2. Schreibt in der Kolumne "Economy, bitch" über Popkultur und Wirtschaft.
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8 Kommentare

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  • Immer wieder interessant, wie man sich im Namen der nationalen Souveränität freiwillig zum Vasallen der (scheinbar) Großen macht.

  • Gibts eigentlich wissenschaftliche Studien, die sich mit der Frage beschäftigen, welche Schäden die rote Diktatur in den Köpfen der Leute hinterlassen hat? Ist ja nicht nur in Polen offensichtlich, dass da irgendwas nicht ganz gerade ist.

    • @Kaboom:

      ich fürchte dass, wenn Sie Nawrocki verstehen wollen, sie weit hinter die rote Diktatur zurückgehen müssen. Schonmal die Grenzen Polens von 1920 angeschaut? Und gehört was Putin zu einem möglichen Ergebnis des Krieges gesagt hat (Eingliederung der vier Oblaste, Rumpfukraine selbständig, Westprovinzen der UA können an andere Länder gehen.... Letztere wären Polen, Ungarn und Rumänien)?



      Hinter den Aktionen von Politikern wie Nawrocki stehen handfeste Interessen, nicht irgendwelche Schäden unter der Schädeldecke. Nur sind sich die meisten Menschen in Deutschland der geschichtlichen Zusammenhänge und der darauf beruhenden möglichen Aspirationen nicht bewusst. Sie suchen daher naheliegendere "Gründe" die oft mehr über die Suchenden als über das Thema selbst aussagen.

      • @Gerald Müller:

        Zustimmung. Die Geschichte Polens mit seinen Nachbarn und die politischen Orientierungen in Polen heute gehören zusammen betrachtet. Nur - wer kennt sie schon?

      • @Gerald Müller:

        Es gehört zum "Erbgut" des rechten Randes in allen Ländern, immer mit Ereignissen irgendwo in der fernen Vergangenheit Motivation zu suchen. Und natürlich ist man immer das Opfer. In Serbien tut man das mittels der Schlacht auf dem Amselfeld, in Ungarn mit der osmanischen Besetzung im 16. Jh., etc. pp. und in Polen eben mit der verloren gegangenen Staatlichkeit, bzw. den diversen Teilungen.



        Das hilft objektiv niemandem, es gibt auch niemand, der das erlebt hat, und deswegen Traumata erlebt hat, Sinn und Zweck der Übung ist schlicht, dass der rechte Rand daraus Honig saugen kann.



        Und selbstverständlich ist es KEIN Zufall, oder "handfeste Interessen", dass in allen Länder, die eine rote Diktatur erlebt haben, solche in ferner Vergangenheit liegende Ereignisse eine derart hervorgehobene Rolle spielen.



        Ebenso selbstverständlich ist die These, es gäbe objektive Gründe für den Irrsinn der politischen Rechten in Polen, sich von der EU abzukoppeln (außer natürlich, es geht ums möglichst großflächige Abgreifen von Geldern), und an den völlig durchgedrehten Trump zu hängen, schlicht und ergreifend absoluter Mumpitz.

  • Die USA sind ein unsicherer Bündnispartner ganz im Gegensatz zu den Europäern auf die sich Polen natürlich hundertprozentig verlassen kann? Wer sich auf uns verlässt, ist im Ernstfall verlassen siehe Ukraine. Da würde ich an Polens Stelle auch die USA bevorzugen. In der EU sind zu viele Länder für die Russland keine eigene Bedrohung darstellt und die im Kriegsfall sowieso nicht helfen würden. Leider gehören bereits größere Teile Deutschlands ebenfalls in dieses Lager.

    • @Šarru-kīnu:

      Ahhja. Während der Wechsel der Präsidentschaft für die Ukraine den völligen Ausfall der Hilfe der USA bedeutet, bleibt die EU bei Ihrer Politik. Und das macht dann die USA zu einem verlässlichen Partner, aber bezüglich der EU ist man "im Ernstfall verlassen"

      Das ist nun wirklich eine derart bewundernswerte Umkehr jeglicher Realität und aller Fakten, ich gratuliere dazu.

      Im Übrigen will Trump gerade die Hilfen für die baltischen Länder streichen. Kommt Putin, wenn er sich nach Beendigung des Krieges in der Ukraine dem Baltikum zuwenden wird, nicht ungelegen.

    • @Šarru-kīnu:

      "Die USA sind ein unsicherer Bündnispartner ganz im Gegensatz zu den Europäern auf die sich Polen natürlich hundertprozentig verlassen kann?"



      Würde ich so behaupten. Wer sich an die Spielregeln hält, kann auf sichere Finanzquellen vertrauen.



      Im militärischen Bereich mag das anders aussehen. Wenn man sich allerdings die Liste der von den USA im Stich gelassenen Bündnispartner so ansieht, ist das noch lange nicht ausgemacht.