Polizei-Übergriff bei Jalloh-Gedenkdemo: Keine Grundlage für Einsatz

Bei der Jalloh-Gedenkdemo wollten Polizisten ein Transparent beschlagnahmen und verprügelten dabei einen Teilnehmer. Doch schon die Beschlagnahme war illegal.

Etwas paradox: Auf einer Demo gegen Polizeigewalt kommt es zu erneuter Polizeigewalt. Bild: dapd

BERLIN taz | Nach dem umstrittenen Polizeieinsatz in Dessau hat die Menschenrechtsorganisation Amnesty International "die Einrichtung einer unabhängigen Untersuchungsinstitution" gegen Polizeiübergriffe gefordert.

"Diese muss immer dann ermitteln, wenn Vorwürfe gegen die Polizei wegen unverhältnismäßiger Gewaltanwendung erhoben werden", sagte Katharina Spieß, Polizeiexpertin von Amnesty. Oppositionspolitiker aus Sachsen-Anhalt wie der Grüne Sebastian Striegel schlossen sich der Forderung an.

Nach einer Gedächtnisdemonstration für den 2005 in einer Dessauer Polizeizelle unter mysteriösen Umständen zu Tode gekommenen Oury Jalloh musste am vergangenen Samstag Mouctar Bah, ein Freund Jallohs, ins Krankenhaus eingeliefert werden. Er war von Polizisten attackiert worden. Dazu kam es, nachdem die Polizei entgegen ihrer früheren Praxis bei der Demonstration wiederholt versucht hatte, Transparente mit der Aufschrift "Oury Jalloh, das war Mord!" zu beschlagnahmen.

Nachdem zahlreiche Migrantenverbände den Vorfall scharf kritisiert hatten, beschäftigte sich am Donnerstag der Innenausschuss des Landtags von Sachsen-Anhalt mit dem Einsatz. Laut Teilnehmerkreisen soll Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) dabei eingeräumt haben, dass sich beim Einsatz auch Polizisten strafbar gemacht haben könnten.

Keine Grundlage für Polizeieinsatz

Klar scheint indessen, dass dem Polizeieinsatz die Grundlage fehlte, gegen die Transparente vorzugehen. In diesem Zusammenhang war in Folge der Geschehnisse zu Wochenbeginn bereits ein Polizeijurist wegen falscher Beratung versetzt worden.

Ein Sprecher der zuständigen Staatsanwaltschaft in Dessau bestätigte am Donnerstag der taz: "Die Parole ,Oury Jalloh, das war Mord' ist nach geltender Rechtssprechung objektiv von der Meinungsfreiheit gedeckt." In der Vergangenheit sei die Parole bei Demonstrationen auch nicht unterbunden worden. Die Behörde ermittele nun gegen unbekannte Polizeibeamte wegen Körperverletzung im Amt.

Andererseits liegt mittlerweile aber auch "eine zunehmende Zahl von Anzeigen gegen Demonstrationsteilnehmer vor", sagte der Sprecher. Er stellte aber umgehend klar: "Dabei muss auch berücksichtigt werden, dass Mittel der Deeskalation bei dem Polizeieinsatz nicht hinreichend berücksichtigt wurden." Gegen die Beamten der Dessauer Polizeidirektion ermittelt nun die benachbarte Polizeidirektion in Magdeburg.

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