Polizei ohne Statistik: Nirgends rechtsextreme Polizisten?

Polizisten fallen immer wieder mit rechten Ausfällen auf. Die Behörden wissen dazu wenig: Die Vorfälle werden kaum erfasst.

Logo der sächsischen Polizei auf Uniform

Rechtsextreme in der sächsischen Polizei? Für das Innenministerium unsichtbar Foto: dpa

BERLIN taz | Die zwei sächsischen SEK-Beamten waren im September für einen Großeinsatz in Berlin ausgewählt, in die entsprechende Einsatzliste trugen sich die beiden unter dem Namen eines Rechtsterroristen ein: Uwe Böhnhardt, verantwortlich für die Morde des NSU. Ein Mitarbeiter des LKA Sachsen bedrängte im August auf einer Pegida-Demonstration ein Kamerateam des ZDF. Ein Ex-Polizeischüler berichtete, wie er in seiner Ausbildung in Sachsen rassistische Sprüche seiner Mitschüler erlebte.

Immer wieder fallen Mitglieder der sächsischen Polizei durch rechte Ausfälle auf. Alles Einzelfälle? Man weiß es leider nicht. Denn auf taz-Anfrage an das sächsische Innenministerium, wie viele rechtsextreme Vorfälle in den vergangenen Jahren in der Landespolizei gezählt wurden, heißt es: „Dem Innenministerium liegen keine Erkenntnisse über rechtsextremistische Beamte und/oder Mitarbeiter in der Polizei vor.“ Da es auch in der Vergangenheit allenfalls „Einzelfälle“ gegeben habe, „wird keine Statistik geführt“, so ein Sprecher.

Das erstaunt. Denn der sächsische LKA-Präsident Petric Kleine hatte etwa den „Böhnhardt-Vorfall“ keineswegs heruntergespielt, sondern als „vollständig inakzeptabel“ kritisiert. Den beiden Beamten wurde die Ausführung ihrer Dienstgeschäfte untersagt. Der Grünen-Innenexperte Valentin Lippmann kritisiert die fehlende Erfassung: „Wir brauchen klare Erkenntnisse darüber, wie stark rechtsextreme Tendenzen in der Polizei präsent sind.“ Dafür bedürfe es eine Statistik und auch eine Studie.

Sachsen ist indes nicht allein. Die Linkspartei fragte jüngst auch die Bundesregierung nach rechtsextremen Vorkommnissen in der Bundespolizei seit 2012. Die Antwort liegt der taz vor. Demnach gab es seitdem nur 17 Vorfälle, fünf davon in diesem Jahr. Vier Polizisten wurden entlassen, vier erhielten andere Strafen. Die anderen Verfahren laufen noch.

Blackbox Bundespolizei

Der Linken-Politikerin Ulla Jelpke erscheinen die 17 Fälle „verdächtig niedrig“. Ein Generalverdacht sei nicht angebracht, aber: „Ich gehe davon aus, dass es hier ein massives Erfassungsproblem gibt.“ Das Problem werde einfach ignoriert, so Jelpke.

Bei der Bundeswehr wurden im vergangenen Jahr 162 rechtsextreme Verdachtsfälle gezählt. In den Reihen der Bundespolizei aber fast keinerlei Probleme? Erst im September sorgten zwei Beamte für Schlagzeilen, die in Rosenheim betrunken in einem Restaurant den Hitlergruß gezeigt und rechte Parolen gerufen haben sollen. Die Bundesregierung informiert in ihrer Antwort immerhin, dass die Sicherheitsbehörden zuletzt im Fall rechter Prepper einen Bezug zu Polizisten prüften.

Jelpke fordert die Einrichtung eines unabhängigen Polizeibeauftragten, um rechtsextreme Vorfälle „neutral“ aufzuklären. Die Grünen teilen diese Forderung. Aus der Bundesregierung heißt es dazu allerdings: „Für die Bundespolizei und das Bundeskriminalamt wird derzeit keinen Bedarf zur Einrichtung einer oder eines Polizeibeauftragten gesehen.“

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