Polizei schreckt Demonstrantin ab: Nasenbruch "gerechtfertigt"

Eine 32-Jährige bekommt einen Strafbefehl wegen falscher Anschuldigung, da sie einen Polizisten anzeigte, der ihr das Nasenbein gebrochen hat. Nun geht es vor Gericht.

Wollen eigentlich nur spielen: Hamburger Polizisten mit ihren liebsten Kollegen. Wenn sie mal zuschlagen, muss es schon gute Gründe geben. Bild: dpa

HAMBURG taz | Für Sabine Klein* ist es pure Rache. "Man will mir nachträglich was reinwürgen", schimpft die 32-Jährige, der von einem Polizisten auf einer Demonstration gegen den Terroristen-Paragrafen 129a in Hamburg am 15. Dezember 2007 das Nasenbein gebrochen wurde. Nun hat sie einen Strafbefehl wegen falscher Anschuldigung bekommen. Auch für ihren Anwalt Marc Meyer ist das eine neue Qualität. "Mehr kann man einen Menschen nicht davon abschrecken, polizeiliches Handeln überprüfen zu lassen."

Die Bilder sorgten für Aufsehen: Eine eher kleine Frau mit blutender Nase wird nach vorne gebeugt von Hünen einer Festnahme-Einheit abgeführt - Szenen die auch die Redakteure von Spiegel TV entsetzten. Die Polizisten waren zuvor in die Menge gestürmt, weil ihre Freundin angeblich vermummt gewesen sei, sagt Klein. "Sie hatte den Schal übern Mund, es war ja kalt." Dann habe sich ein Beamter umgedreht und ihr einen Faustschlag versetzt.

Klein erstattete Anzeige wegen Körperverletzung im Amt. Nachdem die Bilder von Kleins Festnahme über den Bildschirm geflimmert waren, stellte der Polizist seinerseits Strafantrag wegen "versuchter Gefangenenbefreiung". Das Verfahren gegen Sabine Klein wurde zwar schnell wegen Geringfügigkeit eingestellt. Aber einige Monate später leitete die Staatsanwaltschaft eines wegen falscher Anschuldigung ein.

Der Polizist hatte nämlich angegeben, dass der Faustschlag gegen Klein notwendig gewesen sei, da sonst die Festnahme der "Vermummten" gefährdet gewesen wäre, was ein weiterer Polizist bestätigt. "Die vermeintlich zu Befreiende, die als Zeugin gehört wurde, bestätigt das nicht", sagt Meyer. Trotzdem ist das Verfahren gegen den Polizisten eingestellt worden. An Heiligabend flatterte nun Sabine Klein ein Strafbefehl über 50 Tagessätze Euro ins Haus, die sich auf 1.000 Euro summieren. Sie habe den Polizisten "grundlos" angezeigt, denn sein Schlag sei ja gerechtfertigt gewesen, da sie zuvor eine Gefangenenbefreiung versucht habe, so die Staatsanwaltschaft.

Dagegen wird Klein nun gerichtlich vorgehen. "Meine Mandantin möchte, dass der gesamte Sachverhalt aufgeklärt wird", sagt Meyer. Das Vorgehen der Ankläger sei eine "Riesensauerei", jedoch neuerdings kein Einzelfall. "Es gibt keine neue Praxis", sagt hingegen Wilhelm Möllers, Sprecher der Staatsanwaltschaft. Die Justizbehörde bestätigt das. "Senator Steffen hat keine Anweisung für eine neue Praxis gegeben und kennt auch keine", sagt Sprecherin Pia Kohorst.

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