Polizeigewalt gegen Flüchtlinge: Misshandlungsvorwurf aus Hannover

Einem Bundespolizisten wird vorgeworfen, Flüchtlinge schwer misshandelt zu haben. Er soll sich via WhatsApp seiner Taten gerühmt haben.

Bundespolizei in Hannover. Bild: dpa

HANNOVER dpa | In Hannover sind einem Medienbericht zufolge möglicherweise Flüchtlinge in Polizeigewahrsam misshandelt worden. Die Staatsanwaltschaft in der niedersächsischen Landeshauptstadt ermittele gegen einen 39-jährigen Bundespolizisten aus Hannover wegen des Verdachts der Körperverletzung im Amt und des Verstoßes gegen das Waffengesetz, bestätigte Oberstaatsanwalt Thomas Klinge einen Bericht des Senders NDR.

Dem Beamten sei von zwei Zeugen vorgeworfen worden, dass er an Demütigungen auf einer Polizeiwache im Hauptbahnhof beteiligt gewesen sei. „Was genau passiert ist, wissen wir nicht“, sagte Klinge. Auch Identität und Zahl der möglichen Opfer seien bislang nicht bekannt. Bei einer Hausdurchsuchung bei dem Beamten sei eine illegale Waffe sichergestellt worden. Wir prüfen natürlich, ob auch andere Beamte was davon gewusst oder gar mitgewirkt haben“, betonte Klinge.

Den NDR-Recherchen zufolge wurde in einem Fall ein Flüchtling aus Afghanistan gewürgt und mit angelegten Fußfesseln durch die Wache geschleift. In einem anderen Fall bestehe der Verdacht, dass ein Marokkaner in der Zelle erniedrigt wurde, etwa indem ihm verdorbenes Schweinemett zu essen gegeben wurde. Der Beamte soll sich dieser Handlungen im Internet gerühmt und Fotos verbreitet haben, berichtete der NDR. Der Sender berief sich auf Fotos, SMS und Handy-Kurzmitteilungen via WhatsApp.

Der Polizist soll mit seinen Taten angegeben haben: „Hab den weggeschlagen. Nen Afghanen. Mit Einreiseverbot. Hab dem meine Finger in die Nase gesteckt. Und gewürgt. War witzig. Und an den Fußfesseln durch die Wache geschliffen. Das war so schön. Gequikt wie ein Schwein. Das war ein Geschenk von Allah.“

Nicht alleine gehandelt?

Ein halbes Jahr später soll dem Beschuldigten dann ein 19-jähriger Marokkaner zum Opfer gefallen sein. Der Mann war laut NDR zuvor in einem Zug ohne Fahrkarte aufgegriffen worden. Auch in diesem Fall habe der Beschuldigte seine Taten mit dem eigenen Handy dokumentiert. Dem Bild nach wird der Marokkaner von weiteren Polizisten festgehalten. Auf dem Foto zu sehende Schuhspitzen weiterer Männer legen den Verdacht nahe, dass der Beschuldigte nicht alleine gehandelt hat.

Die Bundespolizeidirektion wollte sich auf Nachfrage des NDR zu konkreten Details der Vorwürfe nicht äußern, da es sich um ein laufendes Ermittlungsverfahren handele. Eine Sprecherin betonte demnach aber „größtmögliches Aufklärungsinteresse“ ihrer Behörde. Man werde die Staatsanwaltschaft bei den Ermittlungen nach Kräften unterstützen.

Die Deutsche Polizeigewerkschaft forderte vor dem Hintergrund der Vorwürfe, Videokameras auf Fluren und in Gewahrsamszellen zu installieren. Jedoch warnte sie angesichts der Vorwürfe vor einer pauschalen Verurteilung aller Polizeibeamter. Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl forderte eine Ausweitung der Ermittlungen auf die Kollegen des Beschuldigten. „Der Skandal im Skandal ist die Tatenlosigkeit der Mitwisser in Polizeiuniform“, sagte Günter Burkhardt, Geschäftsführer von Pro Asyl.

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