Polizeigewalt in Baltimore: Keine Ruhe in Frieden

Rund 1.000 Demonstranten versammelten sich am Ort von Freddy Grays Festnahme und zogen zur nächsten Polizeiwache. Ein Beamter wurde bereits suspendiert.

Demonstranten vor einer Polizeiwache in Baltimore Bild: reuters

BALTIMORE ap | Der Tod eines Afroamerikaners in Polizeigewahrsam erhitzt in der US-Stadt Baltimore die Gemüter. Rund 1000 Demonstranten versammelten sich am Dienstag zunächst an der Stelle, an der Freddie Gray festgenommen worden war. Dann zog die Menge vor eine nahe gelegene Polizeiwache, skandierte Parolen und hielt Transparente mit den Worten „Schwarze Leben zählen“ und „Keine Gerechtigkeit, kein Frieden“ in die Höhe. Kurz zuvor hatte das Justizministerium eine Untersuchung zum Tod Grays angekündigt.

Dieser hatte sich zusammen mit einem anderen Mann am 12. April in einer wegen Drogenkriminalität berüchtigten Gegend in Baltimore aufgehalten. Als die Beamten „Blickkontakt“ mit Gray aufgenommen hätten, seien er und der andere Verdächtige weggerannt, teilte die Polizei mit. Doch hätten die Polizisten Gray zu fassen bekommen, ihm Handschellen angelegt und ihn in einen Transporter gebracht. Während der knapp halbstündigen Fahrt hielt der Wagen an. Weil Gray hinten „renitent“ geworden sei, seien ihm die Beine zusammengebunden worden.

Er wurde in ein Krankenhaus gebracht. Am vergangenen Sonntag - also eine Woche nach seiner Festnahme - starb der 25-Jährige. Der örtliche Vize-Polizeichef Jerry Rodriguez berichtete von „einer erheblichen Wirbelsäulenverletzung“ Grays. Wie er sich diese zuzog und was genau im Transporter passierte, ist noch immer unklar.

Der fast blinde Rentner Harold Perry sagte später aus, er habe die Festnahme Grays von seinem Schlafzimmerfenster aus gehört. Ein junger Mann habe geschrien: „Du tust mir weh! Nimm' deine Knie von meinem Rücken runter.“ Zudem habe er den jungen Mann sagen hören, dass er Asthmatiker sei, schilderte Perry.

Ein von einem Passanten aufgenommenes Video bestätigt, dass Gray schrie. Doch ist nicht zu vernehmen, was er sagt. Auch die Polizei bestätigte später, dass Gray um einen Inhalator und medizinische Behandlung gebeten habe.

Beamter suspendiert

Allerdings erklärte ein Beamter laut Gerichtsakten auch, der junge Mann habe ein Klappmesser bei sich getragen. Dieses sei nach der Polizeikontrolle in dessen Tasche entdeckt worden. Der Anwalt von Grays Familie warf den Beamten jedoch vor, ihn ohne Grund angehalten zu haben. „Wegzurennen und schwarz zu sein ist kein hinreichender Verdachtsmoment“, sagte Billy Murphy. Man könne jemanden nicht festnehmen, weil er einem in die Augen gesehen habe.

Sechs Beamte wurden nach dem Vorfall für die Dauer der Ermittlungen suspendiert. Die Betroffenen sind seit drei bis 18 Jahren im Dienst.

Die Bundesermittler würden nun der Frage nachgehen, ob ein Beamter bewusst Grays Bürgerrechte verletzte, indem er übermäßig brutal gegen ihn vorgegangen sei, sagte die Sprecherin des Justizministeriums, Dena Iverson. Bei solchen Fällen ist dieser Tatbestand eine rechtlich sehr hohe Hürde. Denn nach Konfrontationen, bei denen oft schnelle Entscheidungen getroffen werden, lässt sich mitunter nur schwer nachweisen, dass absichtliche Bürgerrechtsverstöße vorliegen.

Das Justizministerium ermittelt bereits zum Fall Michael Brown, einem 18-jährigen unbewaffneten Afroamerikaner, der im vergangenen Jahr in Ferguson von einem Beamten erschossen worden war. Letztlich wurde keine Klage gegen den Polizisten erhoben. Außerdem läuft im Auftrag des Justizressorts eine Untersuchung zum New Yorker Eric Garner, der nach einem Würgegriff eines Polizisten starb. Die Fälle haben in den USA eine hitzige Debatte über übermäßige Polizeigewalt gegen dunkelhäutige Männer losgetreten.

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