Polizeigewalt: Polizei am Pranger

Politiker und Studierende veranlassen, dass der gewalttätige Polizeieinsatz bei einer Demonstration an der Universität Göttingen untersucht wird.

In der Kritik: Polizeieinsatz am vergangenen Dienstag in Göttingen. Bild: Benjamin Laufer

GÖTTINGEN taz | Der rabiate Polizeieinsatz gegen Demonstrierende in der Uni Göttingen am vergangenen Dienstag wird nun auch ein parlamentarisches Nachspiel haben. Grüne und Linkspartei scheiterten zwar am Donnerstag mit ihrem Antrag, das Geschehen bereits in der kommenden Woche im Landtagsplenum zu diskutieren. Nun soll der Einsatz jedoch in einer der kommenden Sitzungen des Innenausschusses thematisiert werden. "Die Landesregierung und Innenminister Schünemann selbst sollten ein großes Interesse an der sofortigen Aufklärung über den Veranstaltungsverlauf und den Polizeieinsatz haben", sagte die innenpolitische Sprecherin der Grünen, Meta Janssen-Kucz. Der Einsatz sei unverhältnismäßig gewesen.

Die Polizei hatte am Dienstag die Blockade von zwei Türen zu einem Hörsaal, in dem Innenminister Uwe Schünemann (CDU) zusammen mit Polizeipräsident Robert Kruse einen Vortrag hielt, mit grober Gewalt aufgelöst. Zwei Videos des NDR zeigen deutlich, wie Beamte dabei unvermittelt in die Gesichter der Demonstrierenden boxen und einen passiv auftretenden Demonstranten mit dem Kopf gegen eine Wand schleudern.

Zunächst hatte die Polizei als Grund für ihr Vorgehen angegeben, die BlockiererInnen hätten versucht, die Türen aufzudrücken und den Hörsaal zu stürmen. Der Allgemeine Studierendenausschuss (Asta) wies anschließend darauf hin, dass sich die Türen nur nach außen hin öffnen lassen. Im Göttinger Tageblatt sagte Polizeiinspektionsleiter Thomas Rath daraufhin, die Polizisten, die die Türen sicherten, seien getreten worden und hätten um Hilfe gebeten. Auf Anfrage der taz betonte eine Polizeisprecherin, die Blockierer hätten permanent versucht, "unberechtigt in den Veranstaltungsraum zu gelangen." Dadurch sei die Veranstaltung unmittelbar gefährdet worden.

Auch juristisch wird der Einsatz Folgen haben. Der Asta kündigte an, gemeinsam mit neun Studierenden Strafanzeigen gegen PolizeibeamtInnen stellen zu wollen. Insbesondere wehrt sich der Asta auch gegen die Darstellung der Polizei, bei den Demonstrierenden habe es sich um "linksmotivierte Straftäter" gehandelt. "Die wahrheitsvertuschenden Aussagen, die von der Polizei in der Öffentlichkeit verbreitet werden, sind für uns nicht hinzunehmen", sagte Asta-Sprecher Patrick Michaelis. "Bereits die Behauptung des Polizeipräsidenten, es handle sich bei den Protestierenden um ,Straftäter', zeugt von einer grundsätzlichen Vorverurteilung politischen Engagements."

Kritik muss sich auch der Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) gefallen lassen, der den Vortrag veranstaltet hatte. Die Landtags-SPD vermutet, dieser habe die Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Gegendemonstrierenden einkalkuliert. "Wir möchten schon genauer erfahren, ob etwa die Veranstaltung von Anfang an der Provokation dienen sollte und ob die Veranstalter es auf Gewaltbilder angelegt hatten", sagte SPD-Innenpolitiker Heiner Bartling. Bei der SPD-Fraktion seien seit Donnerstagmorgen mehrere Hinweise darauf eingegangen. Der ehemalige RCDS-Vorsitzende Sascha Tietz hatte sich nach der Veranstaltung über Twitter bei allen "freiwilligen und unfreiwilligen Wahlkampfhelfern" bedankt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.