Polizeiruf 110 aus Rostock: Wodka hilft

Eine Frau wird erschlagen, eine Tochter bleibt über: Laut dröhnt das Schweigen im neuen „Polizeiruf 110“, der Nebenschauplätze angenehm maulfaul ignoriert.

Der Typ im T-Shirt ist übrigens der Kommissar: Charly Hübner beim Ermitteln. Bild: Christine Schröder/NDR

Das kleine Mädchen rennt dem Kommissar direkt vors Auto. Keuchend steht es da, ansonsten stumm, die Hände voller Blut, und die Sonne wirft unschuldig hübsche Flecken auf den Waldweg.

Ein paar Schritte weiter liegt die Mutter tot in der sommerlichen Idylle, hinterrücks erschlagen, ganz konventionell, Kopf auf Stein. Damit ist der Urlaub von Bukow (Charly Hübner) direkt mal beendet – sehr zum Leidwesen seiner Frau, die aber bloß innerlich explodiert und später noch mit Bukows Kollegen rumknutscht.

Ein stummes Mädchen und eine schweigende Ehefrau also, die Verdächtigen naturgemäß ebenfalls wenig redselig, und Bukows Koermittlerin König (Anneke Kim Sarnau), schon immer mindestens kühl, eher spröde, quält sich weiter still vor sich hin mit der Aufarbeitung irgendeines nebelhaft erinnerten Kindheitstraumas: DDR, Flucht über die Ostsee, ein roter Kinderkoffer, Mutter über Bord, Schuldgefühle. Aber wo kommen die her? Wodka hilft.

Das Schweigen dröhnt ganz schön laut im Rostocker „Polizeiruf“. Und man ist dem Regisseur René Heisig sehr dankbar, dass er alle abgegrasten Nebenschauplätze, die sich da außer dem Mordfall – Erpressung oder Eifersucht sind am Ende die zwei möglichen Lösungen – noch so auftun mögen, so schön maulfaul ignoriert. König darf sich mit dem DDR-Ding weitgehend abseits des Drehbuchs beschäftigen, selbst der sich geradezu anbietende Exkurs über Kinder und posttraumatische Belastungsstörungen bleibt einem erspart.

Rostock-„Polizeiruf 110“: „Zwischen den Welten“; Sonntag, 20.15 Uhr, ARD

Regie: René Heisig; Drehbuch: Michael B. Müller, Jens Köster und Thomas Stiller; Darsteller: Anneke Kim Sarnau, Charly Hübner, Andreas Guenther, Josef Heynert, Fanny Staffa, Alice Dwyer

Die leidige Schein-und-Sein-Frage streift man nur im Vorübergehen, sollen das doch die Subtext-versessenen Kollegen vom „Tatort“ nachholen: die netten Nachbarn, der liebende Ehemann, der rechtschaffende Herr Professor - Menschen und ihre Masken eben, so what.

Wenn einem schon nichts Neues dazu einfällt, haben Bukow und König klugerweise auch nicht wirklich Bock, darüber zu reden. Darauf einen Wodka.

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