Porträt des Schriftstellers Doğan Akhanlı: So hartnäckig wie sanftmütig

Seit 1980 wird Doğan Akhanlı von der Türkei verfolgt. Den Kampf für Aufklärung, etwa über den Völkermord an den Armeniern, hat er nie aufgegeben.

Der Schriftsteller Akhanli steht eingepfercht zwischen türkischen Polizeibeamten

Auch 2010 schon bedrängte die türkische Justiz Akhanlı Foto: dpa

„Doğan Akhanlı ist ein Mensch, den ich als friedliebend, sogar als Pazifisten kennen und schätzen gelernt habe. Er ist seinem Gewissen verpflichtet und hat in seinen Büchern die unbewältigte Vergangenheit der Türkei wie auch die NS-Vergangenheit Deutschlands thematisiert. Er ist ein großer Menschenrechtler“. Mit diesen Worten charakterisierte Günter Wallraff im August 2010 seinen Kölner Freund Doğan Akhanlı, nachdem dieser gerade in der Türkei festgenommen worden war.

Wallraff vermutete damals wohl zu Recht, dass seinem Freund genau dieses Engagement als Menschenrechtler und seine Bücher zum Völkermord an den Armeniern zum Verhängnis geworden waren. Als Doğan Akhanlı nach fast 20 jähriger Abwesenheit im Juli 2010 in die Türkei zurückkehrte um seinen 85-jährigen todkranken Vater noch einmal zu sehen, wurde er noch auf dem Flughafen in Istanbul verhaftet. Die türkische Regierung wollte Doğan Akhanlı den Mund stopfen.

Dazu benutzte sie ein uraltes Verfahren aus den 1990er Jahren, in dem Akhanlı vorgeworfen worden war, als Mitglied einer terroristischen Vereinigung 1989 gemeinsam mit anderen Verdächtigen eine Wechselstube überfallen zu haben. Dabei wurde der Inhaber getötet.

Als der Prozess wegen des Überfalls Anfang der 90er Jahre stattfand, war Dogan bereits in Deutschland. Einer der damals Angeklagten sagte dann 2010 vor Gericht aus, er habe Dogan unter Folter damals nur deshalb genannt, weil er wusste, dass dieser bereits im Ausland war. Doğan Akhanlı wurde deshalb denn auch im Oktober 2010 freigesprochen und konnte die Türkei wieder verlassen.

Internationale Unterstützung fällt kaum noch ins Gewicht

Er träumte davon, nun im Sommer wieder die Heimat seiner Eltern am Schwarzen Meer besuchen zu können, auch wenn sein Vater in der Zeit seiner U-Haft 2010 gestorben war. Dieser Traum wurde jäh zerstört, als das Oberste türkische Berufungsgericht im April 2013 überraschend dem Einspruch der Staatsanwaltschaft gegen seinen Freispruch stattgab und das Urteil aufhob. Der Folgeprozess begann im Juli 2013 in Abwesenheit von Akhanlı, der nicht noch einmal in die Türkei reisen wollte. Das Gericht ordnete deshalb einen internationalen Haftbefehl an. Auf dieser Grundlage hat die türkische Regierung nun den internationalen Haftbefehl gegen Akhanlı aktualisiert.

Dass er nun sogar in Spanien im Urlaub dem langen Arm Erdogans zum Opfer fiel, muss für Doğan Akhanlı wie ein Alptraum sein. Seit dem Militärputsch im Jahr 1980 wird er von der türkischen Justiz verfolgt. Als Mitglied einer linken Organisation saß er Mitte der 80er Jahre bereits für zwei Jahre im Gefängnis. Deshalb floh er aus der Türkei, bekam Anfang der 90er Jahre in Deutschland Asyl, wurde Ende der 90er Jahre von der Türkei ausgebürgert und ist seitdem ausschließlich deutscher Staatsbürger.

Doch der im persönlichen Gespräch so sanftmütig wirkende Schriftsteller ist hartnäckig. Er hat sich trotz aller Schrecken nicht zurückgezogen, sondern arbeitet hartnäckig weiter an Themen die weh tun. Er ist Mitglied von „Recherche International“ einem Verein, der sich die Aufklärung der Genozide des 20. Jahrhunderts zur Aufgabe gemacht hat. Akhanlı hat viel über den Völkermord an den Armeniern publiziert, auch und vor allem in der Türkei. Für sein Buch „Die Richter des jüngsten Gerichts“ dass 2007 auch auf Deutsch erschien wurde er mit einem Literaturpreis ausgezeichnet. Er arbeitet in Köln seit Jahren in vielen Initiativen mit und ist deshalb dort gut vernetzt. Als er 2010 in Istanbul verhaftet wurde, entstand deshalb schnell ein großer Unterstützerkreis, der sich für seine Freilassung einsetzte.

Damals hatte diese internationale Unterstützung noch Gewicht. Heute würde sie, wenn Akhanlı an die Türkei ausgeliefert wird, wohl kaum noch etwas nützen.

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