Portrait der HDP-Politikerin Yüksekdağ: Die wichtigste Frau der Türkei

Figen Yüksekdağ ist Kovorsitzende der türkischen prokurdischen Oppositionspartei HDP – und seit Freitagnacht in Haft.

Figen Yuksekdag lacht

Bleibt kämpferisch: die HDP-Politikerin Figen Yuksekdag Foto: ap

Esgibt diesen Moment in dem Video, das in der Nacht zu Freitag kurz vor Figen Yüksekdağs Verhaftung in ihrer Wohnung in Ankara aufgezeichnet wurde. Die Kamera zeigt auf die Tür, hinter der Sicherheitskräfte stehen, klopfen und die sie wenig später aufbrechen werden. Die männliche Stimme des Filmenden bittet um Geduld, bis Yüksekdağs Anwalt eintrifft. Dann klingelt ein Handy. Yüksekdağ geht ran, mit superruhigem Ton: „Ja, Schatz?“

Die Kovorsitzende der prokurdischen Partei HDP, die noch am Freitagabend in ein Hochsicherheitsgefängnis im türkischen Kocaeli gebracht wurde, ist vor allem für ihre unaufgesetzte Sentimentalität bekannt. Dutzende Fotos zeigen sie weinend auf Beerdigungen von Opfern staatlicher Terroroperationen oder in festen Umarmungen mit Teilnehmer*innen von Kundgebungen. Dass Yüksekdağ auch im Moment der Verhaftung, der mit hoher Wahrscheinlichkeit ein unfairer Prozess folgen wird, freundlich bleibt, steht symbolisch für ihren Führungsstil: sachlich, aber nie unterkühlt.

Die 1971 in Adana geborene Politikerin, die seit Juni 2014 eine Hälfte der HDP-Spitze bildet, steht, was Popularität angeht, meist im Schatten des charismatischen Kovorsitzenden SelahattinDemirtaş,der in derselben Nacht ebenfalls festgenommen wurde. Das liegt mitunter daran, dass ihr Sprechton sich lange Zeit dem Populismus verweigert hat.

Doch ändert das nichts daran, dass Yüksekdağ derzeit die wichtigste Frau in der türkischen Politik ist. Zum einen als weibliche Leitfigur einer Partei, die sich explizit als Frauenpartei versteht. Zum anderen als Nichtkurdin an der Spitze einer Bewegung, die es erstmals geschafft hat, prokurdische Politik mit den Interessen vieler anderer Minderheiten zu vereinen.

Yüksekdağ stammt nach eigenen Angaben aus einer rechts-konservativen Familie. Nachdem sie mit 18 auf einer 1.-Mai-Kundgebung festgenommen und während der Untersuchungshaft gefoltert wurde, stellte sie ihr Vater unter Hausarrest. Wenig später floh sie, um sich in sozialistischen Kreisen in Istanbul zu engagieren.

„Ich akzeptiere es nicht, als Statistin in einem von Erdoğan angeordneten Justiztheater mitzuspielen“

Yüksekdağ wird unter anderem die Mitgliedschaft in einer Terrororganisation vorgeworfen. Ihre knappe Aussage vor dem Gericht in Ankara am Freitag wird von der Pressestelle der HDP wie folgt zitiert: „Ich akzeptiere es nicht, als Statistin in einem vonErdoğanangeordneten Justiztheater mitzuspielen.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.