Posten und Geschacher: Thilo forever

Die Regierungsparteien wollen die Amtszeit des schleswig-holsteinischen Datenschutzbeauftragten verlängern – die Opposition protestiert gegen eine „Lex Weichert“. Einig ist man sich, dass das Wahlverfahren transparent gemacht werden muss

Thilo Weichert kämpft gegen Web-Riesen - und für eine längere Amtszeit als Datenschutzbeauftragter. Bild: dpa

KIEL taz | Er kämpft gegen die Datensammelwut von Facebook und Google-Streetview in schleswig-holsteinischen Dörfern: Seit zehn Jahren leitet Thilo Weichert das //www.datenschutzzentrum.de/:Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) und hat sich in dieser Zeit weit über die Landesgrenzen hinaus einen Namen gemacht.

In diesem Jahr endet Weicherts zweite Amtszeit als Datenschutzbeauftragter. Laut den bisherigen Regeln dürfte er sich nicht erneut bewerben. Das wollen die Regierungsparteien SPD, Grüne und die Minderheitenvertreter SSW ändern. Die Piraten und die CDU sprechen dagegen von einer „Lex Weichert“, die nur der Person diene - und dem Amt schade.

Gefallen für den Parteifreund

Das Land Schleswig-Holstein hat für mehrere Aufgaben Beauftragte eingesetzt, unter anderem für soziale Angelegenheiten, Flüchtlinge, Naturschutz, Menschen mit Behinderungen, Anti-Korruption.

Teils handelt sich es um bezahlte, mit Stäben und Büros ausgestattete Tätigkeiten, andere Aufgaben sind Ehrenämter.

Einige Beauftragte werden vom Landtag gewählt, andere von der Landesregierung ernannt.

Funktionen der Beauftragten sind, die Regierung und den Landtag zu informieren und beraten. Teilweise kontrollieren und kritisieren sie das Handeln der Regierung durch regelmäßige, öffentliche Berichte im Landtag und eigene Öffentlichkeitsarbeit.

Mehrere Beauftragte sind seit vielen Jahren im Amt.

„Seit Jahren hat Herr Weichert um eine Gesetzesänderung zu seinen Gunsten gebettelt. Die Grünen tun ihrem Parteifreund jetzt den Gefallen“, erklärte der datenschutzpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Axel Bernstein, gestern in Kiel. Das ULD werde damit zum „Selbstbedienungsladen“.

Weichert sei „nur noch mit Facebook beschäftigt“, so Bernstein. Allein deshalb sei „ein Wechsel überfällig“. Es habe gute Gründe gegeben, die Zahl der Amtsperioden zu beschränken.

„Die CDU soll ganz ruhig sein, was Personengesetze angeht. Da gab es in der Vergangenheit einige“, kontert Ralf Stegner, SPD- Landes- und Fraktionsvorsitzender. Im Falle Thilo Weichert gehe es keineswegs darum, eine Vorentscheidung zu treffen.

„Es wird keine Pro-forma-Wahl geben. Wir wollen nur dem Amtsinhaber die Chance geben, sich erneut zu bewerben“, betont Stegner. Darauf hätten sich die Regierungsparteien in ihrem Koalitionsvertrag geeinigt. Im Text des Vertrages fehlt zwar ein Verweis auf die Amtszeiten des Leiters, dafür steht dort ein Lob für das ULD als „Aushängeschild Schleswig-Holsteins“.

Beschränkung nur für Datenschützer

Die Regierung verspricht der Behörde eine „ausreichende Ausstattung“, damit es den Datenschutz „auf nationaler und internationale Ebene weiter angemessen begleiten kann“ – ein Go-Signal für Weichert und seine Leute, sich weiter mit den Riesen anzulegen. Burkhard Peters, rechtspolitischer Sprecher der Grünen-Landtagsfraktion, verweist auf eine systematische Ungleichheit, die nun beendet werden solle: Nur für das Amt des Datenschutzbeauftragten gilt eine Beschränkung auf zwei Wahlperioden.

Die anderen Beauftragten können ihre Posten dagegen länger behalten (siehe Kasten). „Es gibt keinen Grund für diese Ausnahme“, sagt Peters. Gegen längere Amtszeiten haben die Piraten Bedenken: Der Datenschutzbeauftragte könne nur unabhängig agieren, wenn er „nicht bei der jeweiligen Landesregierung lieb Kind machen muss“, sagt der Abgeordnete Uli König.

„Kritik fällt leichter, wenn nicht die Wiederwahl ansteht. Thilo Weichert habe sehr viel für den Datenschutz getan, dafür gebühre ihm Dank. Aber es sei „gute Sitte“, Amtszeiten für Kontrollorgane zu begrenzen: „Das stärkt das Vertrauen der Bevölkerung in die Unabhängigkeit der staatlichen Kontrollinstitutionen.“

Klare Regeln für den Posten

Dass sich der als streitbar bekannte Thilo Weichert in einer weiteren Amtszeit als willfähriger Gehilfe einer Regierung erweisen könnte, halten sowohl Stegner als auch Peters für ausgeschlossen. Aber beide teilen durchaus die grundsätzliche Kritik der Piraten, die das Wahlverfahren für die Beauftragten für intransparent halten. Denn ein Ausschreibungsverfahren oder klare Regeln für die Besetzung der Posten fehlen.

„In Schleswig-Holstein setzen sich ausgewählte Persönlichkeiten als Beauftragte für besondere Anliegen ein“, heißt es auf der Homepage der Landesregierung. In der Regel schlägt eine der Regierungsparteien einen Kandidaten vor.

Ein öffentliches Bewerbungsverfahren um die Stellen kann sich Burkhard Peters durchaus vorstellen, und auch Stegner sagt: „Ich habe wahrgenommen, dass Thilo Weichert sich im Herbst bewerben möchte, ich nehme auch andere Vorschläge wahr – und dann schauen wir, wer sich durchsetzt.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.