Präsidentschaftswahl in Irland: Abfuhr für rechts und konservativ
Die Sozialistin Catherine Conolly gewinnt haushoch die Parlamentswahl. Mit ihrer sozialen Vision punktete sie vor allem bei den Jungen.
W ährend der Trend in vielen Ländern der Welt nach rechts geht, hat Irland mit Catherine Conolly eine Sozialistin als Präsidentin gewählt. Die Präsidentschaft ist zwar ein weitgehend zeremonielles Amt, aber Connollys Sieg ist eine deutliche Abfuhr für die rechtskonservative Koalitionsregierung aus Fianna Fáil und Fine Gael. Es ist das einzige nationale Amt, das direkt vom Volk gewählt wird. Die Präsidentin verfügt daher über ein bedeutendes demokratisches Mandat.
Die Wut der Wählerschaft über die Wohnungskrise und die Lebenshaltungskosten, die katastrophale Strategie der Regierungsparteien Fine Gael und Fianna Fáil im Wahlkampf, die seltene Einigkeit der linken Parteien und die geschickte Nutzung der sozialen Medien haben Connolly zum Sieg verholfen. Sie hat ihre kulturelle, soziale und politische Vision für ein „neues Irland“ überzeugend vermittelt. Erste Wahlanalysen haben ergeben, dass 83 Prozent der 18- bis 34-Jährigen die Sozialistin gewählt haben.
Ihre Gegenkandidatin Heather Humphreys von Fine Gael hat dagegen eine negative Kampagne geführt. Ihr Parteigenosse Ivan Yates hatte angeregt, Connolly „bis ins Mark zu verleumden“. Der letzte Versuch, Wähler davon abzubringen, bei Connolly das Kreuz zu setzen, weil sie Irlands Beziehungen zu Washington und den europäischen Verbündeten schaden würde, war ein Akt der Verzweiflung. Zumal das erneute Gewaltspektakel der Rechtsextremen gegen Migranten vorige Woche in Dublin weitaus größeren Schaden für Irlands Ansehen angerichtet hat.
Ein Wermutstropfen bei dieser Präsidentschaftswahl war jedoch die große Zahl von Protestwählern: 13 Prozent machten ihren Stimmzettel ungültig, 7 Prozent wählten den Fianna-Fáil-Kandidaten, der längst zurückgetreten war, aber noch auf dem Stimmzettel stand. Darüber wird zu reden sein.
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Connolly hat es geschafft, die fünf Parteien der notorisch zerstrittenen Linken hinter sich zu vereinigen. Es hat auch früher linke Staatsoberhäupter in Irland gegeben, angefangen von Mary Robinson 1990 bis hin zu Connollys Vorgänger Michael D. Higgins. Auf die Parlamentswahlen hat sich das jedoch nie ausgewirkt, die Wählerinnen und Wähler sind stets zu Fianna Fáil und Fine Gael zurückgekehrt.
Diesmal könnte es anders sein. Die Geschlossenheit von weit links bis sozialdemokratisch hat sich bereits im Parlament, mit einem zunehmend kohärenten linken Block in der Opposition gezeigt. Wenn diese Einigkeit anhält, haben Fine Gael und Fianna Fáil ein Problem.
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