Präsidentschaftswahl in der DR Kongo: Darf die Opposition gewinnen?

Eine Woche nach der Wahl zeichnet sich eine Niederlage für das Regierungslager ab. Die Wahlkommission zögert die Ergebnisse hinaus.

Mitarbeiter der Wahlkommission werten in der Hauptstadt Kongos, Kinshasa, Stimmen aus

Wieso dauert das so lange? Mitarbeiter der Wahlkommission werten in Kinshasa Stimmen aus Foto: ap

Am 30. Dezember 2018 haben die Bürger der Demokratischen Republik Kongo einen neuen Präsidenten gewählt – aber welchen, erfahren sie nicht. Eigentlich wollte die Wahlkommission CENI an diesem Sonntag das vorläufige Endergebnis vorlegen. Der Termin werde verschoben, weil die Zusammenführung der Einzelergebnisse so lange dauert, erklärte Wahlkommissionschef Corneille Nangaa am Samstag: „Wir haben noch nicht alles“, sagte er. Einen neuen Termin nannte er auch bei einer Pressekonferenz am Sonntag nicht.

Die Verzögerung wurde erwartet – aber nicht aus technischen Gründen, sondern aus politischen. In allen rund 70.000 Wahllokalen des riesigen Landes wurden die Stimmen bereits in der Wahlnacht ausgezählt; man müsste sie nur zusammenrechnen. Aber weil dabei ein Sieg des wichtigsten Oppositionskandidaten Martin Fayulu herauskäme, so mutmaßt jedenfalls das Fayulu-Wahlbündnis Lamuka, würden jetzt in den Stimmauswertungszenten „die vor den Wahlbüros ausgehängten Ergebnisse modifiziert“.

Schon zwei Tage nach der Wahl hatte Kongos Regierung das Internet abstellen lassen, damit abfotografierte Ergebnisprotokolle nicht verbreitet werden. Seitdem verfügt nur die Wahlkommission selbst sowie die mächtige katholische Kirche, die mit 40.000 Wahlbeobachtern als einzige flächendeckend präsent war, über aussagekräftige Zahlen. Laut Gesetz darf nur die Wahlkommission Ergebnisse veröffentlichen.

Am Donnerstag sagte der Leiter der katholischen Bischofskonferenz (CENCO), Abbé Donatien Nshole, bei der Präsentation seines vorläufigen Berichts, laut den vorliegenden Daten hätten die Kongolesen einen Kandidaten zum Präsidenten gewählt. Er forderte die Wahlkommission auf, „Wahlergebnisse mit Respekt für Wahrheit und Gerechtigkeit zu publizieren“.

Die Kirche reagierte umgehend und scharf

Das war deutlich. Eine solche Aufforderung an die regierungstreue CENI wäre kaum nötig, wenn der regierungstreue Kandidat Emmanuel Shadary gewonnen hätte. Und mit den Worten, das Ergebnis entspreche „weder der Wahrheit noch der Gerechtigkeit“, hatte die katholische Kirche den Sieg Joseph Kabilas bei den letzten Wahlen 2011 zurückgewiesen.

Das Regierungslager verstand sofort. Nsholes Erklärung sei „geeignet, die Bevölkerung aufzuwiegeln, indem ein Aufstand vorbereitet wird, für den allein die CENCO verantwortlich sein wird“, warnte die Wahlkommission am Freitag. Das Shadary-Wahlbündnis FCC (Gemeinsame Front für den Kongo) schimpfte, die Bischöfe verhielten sich „unverantwortlich und anarchisch, besonders Herr Abbé Nshole“.

Kongos katholische Kirche

,Wenn es einen Volksaufstand geben sollte, trüge die Wahlkommssion die Verantwortung“

Die Kirche reagierte umgehend und scharf: Gerade weil allein die Wahlkommission das Wahlergebnis zu verkünden habe, sei „das Schlimmste, was das kongolesische Volk in den Aufstand treiben könnte, die Veröffentlichung von Ergebnissen, die der Wahrheit der Wahlurnen nicht entsprechen. Wenn es einen Volksaufstand geben sollte, trüge die CENI dafür die Verantwortung.“

Doch es war zu spät. Am Wochenende feierten vereinzelt Oppositionsanhänger nachts auf den Straßen. Berichte gingen um, wonach auf Grundlage von 62 Prozent der Wahllokale Fayulu mit über 50 Prozent uneinholbar vor Regierungskandidat Shadary und dem anderen Oppositionskandidaten Felix Tshisekedi mit je rund 20 Prozent liege. Der Londoner Informationsbrief Africa Confidential schrieb, die genauen Zahlen lägen ausländischen Diplomaten in Kinshasa vor. Der ehemalige US-Sonderbeauftragte Tom Perriello erklärte Fayulu öffentlich zum gewählten Präsidenten.

Das Regime könnte den Notstand verhängen

Wie das Kabila-Regime auf eine so deutliche Niederlage reagieren würde, war am Wochenende unklar. Der einfachste Weg wäre, nachzubessern. Die vielen Zehntausend Wahlmaschinen, die am Wahltag zur Stimmabgabe dienten – man tippt auf dem Bildschirm seine Wahl an und die Maschine spuckt einen entsprechenden Stimmzettel aus, den man in die Urne wirft – sind alle noch da und theoretisch kann man mit ihnen noch mehr Stimmzettel drucken. Auffallen würde das kaum: Zu den 179 Stimmauswertungszentren, wo die Einzelergebnisse zusammenlaufen, haben unabhängige Beobachter keinen Zugang.

CENI-Chef Nangaas Aussage, man habe „noch nicht alles“, würde dazu passen, ebenso dass laut Regierung die Wahlbeteiligung in entlegenen ländlichen Regionen viel höher war als in städtischen Oppositionshochburgen. Nach einem Radiobericht hat die Wahlleiterin der Urwaldregion Shabunda im Ostkongo 60 Wahlmaschinen bei sich zu Hause stehen – laut eigener Begründung, weil sie nicht wusste, wohin damit.

Eine andere Option kursiert seit vor der Wahl: Sollte sich ein klarer Sieg der Opposition abzeichnen, könnte das Regime den Notstand verhängen und die Verkündung der Ergebnisse absagen. Die Gegenstrategie gibt es auch schon: eine Vereidigung Fayulus als Präsident in Beni, eine Oppositionshochburg, wo die Wahlen wegen Ebola nicht stattfanden. Mit Friedensnobelpreisträger Denis Mukwege an seiner Seite, wie es sich ein Kommentator auf Twitter ausmalt.

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