Preispolitik der Deutschen Bahn: Fernbusse machen Zugfahren billiger

Die Deutsche Bahn verzichtet auf Preiserhöhungen in der zweiten Klasse im Fernverkehr – wegen der starken Konkurrenz durch die Fernlinienbusse.

Konkurrenz belebt das Geschäft. Das merkt auch die Deutsche Bahn. Bild: himberry / photocase.de

BERLIN taz | Die billigsten Bahnfahrkarten gibt es dort, wo man sie am wenigsten erwartet: auf Fernbus-Internetportalen. Wer auf gängigen Internetseiten nach günstigen Fernlinienbusverbindungen sucht, kann dort mitunter über Werbung zu besonders billigen Fahrkarten stolpern, die es über die Vertriebskanäle der Deutschen Bahn nicht mehr gibt – zum Beispiel 29 Euro statt 59 für die Strecke von Düsseldorf nach Hamburg – ein Indiz dafür, dass die neue Konkurrenz durch Fernbusse mäßigend auf die Fahrpreise des bundeseigenen Mobilitätsunternehmens wirkt.

Bestätigt wird dies durch die neuen Bahnfahrpreise ab dem Fahrplanwechsel am 14. Dezember dieses Jahres, die die Bahn am Montag in Berlin vorstellte. Denn die Preise für Fernzüge in der zweiten Klasse bleiben stabil.

Ulrich Homburg, Personenverkehrsvorstand der Bahn, verteidigte die günstigen Schienenangebote auf den Fernbus-Internetseiten. „Wir wollen bei Kunden, die ausschließlich auf Busportalen nach günstigen Verbindungen suchen, einen Anker setzen.“ Sie sollten erfahren, dass man auch mit der Bahn günstig und bequem reisen könne. Solche Sparangebote seien aber streng kontingentiert und richteten sich nach der Auslastung der Züge, so der Bahnmanager.

Für ein Gros der Kunden im Fernverkehr verzichtet die Bahn in diesem Jahr auf Preiserhöhungen; real werden wegen der Inflation Bahnfahrkarten also etwas billiger. So bleiben in der zweiten Klasse alle Normal- und Sparpreistickets sowie die Bahncards und Streckenzeitkarten preisstabil; auch die unbeliebte sogenannte Servicegebühr von 5 Euro für den Erwerb von Fahrkarten in Reise- oder Telefonzentren entfällt.

„Den Fahrgästen entgegenkommen“

Bild: taz.Grafik: Infotext/P. Sobotta

Obwohl die steigende EEG-Umlage deutliche Mehrausgaben für die energieintensive Bahn verursache, verzichte man auf die Weitergabe der Belastungen, so Homburg. „Es geht darum, gerade in Zeiten harter Konkurrenz durch andere Verkehrsträger unseren Fahrgästen entgegenzukommen und sie an uns zu binden.“

Insbesondere die Konkurrenz durch Fernbusse – der Markt ist sein Anfang 2013 liberalisiert – macht der Bahn zu schaffen (siehe Grafik). Während nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im ersten Halbjahr dieses Jahres die Fernbusse 1,4 Millionen Fahrgäste beförderten, schafften es die Bahnen noch auf 62 Millionen. Aber: Die Zahlen der Busse steigen rasant – und sie sind längst nicht vollständig, da neue Unternehmen, die auf den Markt drängen, ihre Zahlen noch nicht melden mussten. Das Branchenportal Fernbusse.de rechnet damit, dass in diesem Jahr 21 Millionen Fernbusfahrkarten in Deutschland verkauft werden – nach 8,3 Millionen im Vorjahr und 2,5 Millionen im Jahr 2012.

Der bundeseigenen Deutsche Bahn AG verursachen die Busse, die auf der Autobahn im Unterschied zu Lkws keine Maut bezahlen müssen, enorme Umsatzeinbußen. Dieses Jahr könnten es laut Homburg 100 bis 120 Millionen Euro sein. Dies wirke sich direkt auf das Betriebsergebnis der Deutschen Bahn aus, da ein Zug, in dem weniger Plätze besetzt seien, ja nicht billiger fahren könne als ein besser ausgelasteter.

Internet für alle

Während die Bahn für den Großteil der Reisenden im Fernverkehr die Preise nicht erhöht, sieht es im Nahverkehr anders aus. Hier werden die Fahrkarten um durchschnittlich 1,9 Prozent teurer; ausgenommen sind allerdings Zeitkarten für Berufs- und Ausbildungspendler.

Die Bahn verweist zudem darauf, dass in rund 80 Prozent der Fahrten der DB-Regio-Züge die Preise der regionalen Verkehrsverbünde gelten. Dort unterliege die DB den entsprechenden Tarifbestimmungen. Viele Verkehrsverbünde wollten in diesem Jahr die Preise stärker erhöhen, so zum Beispiel in Hamburg, München, Dresden und im Ruhrgebiet. DB-Personenverkehrsvorstand Ulrich Homburg: „Damit bleibt die DB auch in diesem Jahr erneut unter den Preissteigerungen der großen deutschen Nahverkehrsverbünde.“

Beim Schönes-Wochenend-Ticket führt die Bahn eine neue Preissystematik ein. Künftig gilt ein Grundpreis von 40 Euro plus 4 Euro je Mitfahrer bei maximal vier Mitfahrern. „Dieses Staffelsystem bedeutet eine deutliche Preissteigerung“, sagte Gerd Aschoff, Pressesprecher des Fahrgastverbandes Pro Bahn, der taz. „Das stört uns sehr.“

Die Reisenden müssen darüber hinaus mit Ärger wegen der laufenden Tarifauseinandersetzungen im Unternehmen rechnen. Die Verhandlungen der Bahn mit der Lokomotivführergewerkschaft waren in der letzten Woche gescheitert. Am Donnerstag will die Gewerkschaft das Ergebnis der Urabstimmung bekannt geben – bei Zustimmung drohen dann Streiks. (taz)

Neben dem Nahverkehr (siehe Kasten) erhöht die Bahn auch in der ersten Klasse des Fernverkehrs die Fahrpreise. Sie sollen um durchschnittlich 2,9 Prozent steigen. Dafür verspricht die Bahn einen funktionierenden kostenlosen Internetzugang für alle; bislang müssen Bahnfahrer, die keine Telekom-Kunden sind, knapp 5 Euro für den Internetzugang zahlen. Damit möchte die Bahn offenbar vor allem für Geschäftsreisende attraktiv werden, die ihren Zugsitz in ein fahrendes Büro verwandeln wollen oder müssen. 10 bis 15 Prozent der Sitze in den Fernzügen befinden sich in der ersten Klasse. Hier können sich Reisende auch kostenlos einen Sitzplatz reservieren lassen, und sie sitzen bequemer.

Die Bahn begreift ihr Internetangebot in der ersten Klasse auch als Test. Sollte es stabil funktionieren, was bei den hohen Geschwindigkeiten technisch nicht einfach ist, könnte es auch auf die Abteile der zweiten Klasse ausgedehnt werden. Dies könnte laut Bahn frühestens im Jahr 2016 der Fall sein.

Teurer wird der Fahrkartenerwerb für Nutzer von Kreditkarten oder Paypal. Die Bahn macht dafür die stark gestiegenen Transaktionskosten verantwortlich, die die Betreiberfirmen verlangen. Für Kreditkartenkunden wird künftig ein Zahlungsmittelentgelt fällig, das maximal 1 Prozent des Einkaufswerts beträgt und auf einen Höchstbetrag von 3 Euro beschränkt bleibt. Statt die Transaktionskosten auf alle Kunden umzulegen, würden so nur die direkten Nutzer beteiligt, so Homburg. Außerdem gebe es über jeden Vertriebsweg entgeltfreie und sichere Alternativen – etwa das Lastschriftverfahren, die Sofortüberweisung, die EC-Karte oder Bargeld.

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