Premier League: Auf der Suche nach Perfektion

Manchester City hat schon sechs Punkte Rückstand auf Liverpool. Der Meister steht gehörig unter Druck vor dem Duell der beiden Teams.

Ein Liverpooler Spieler schießt am Tohüter und am Tor vorbei

Duell im Januar: Liverpools Salah schießt, Manchesters Stones schaut zu Foto: Sportimage/imago

MANCHESTER taz | Jürgen Klopp ist ein Meister darin, das Drumherum auszublenden. Auch bei großen Spielen richtet er den Fokus seiner Mannschaft allein auf die 90 Minuten auf dem Rasen. Wir zeigen einfach unseren Fußball, dann sehen wir, was dabei herauskommt, das ist das Mantra des Trainers. Mit dieser Herangehensweise hat sein FC Liverpool auf dem Weg zum Champions-League-Titel in der vergangenen Saison das wundersame 4:0 gegen den FC Barcelona vollbracht, und so stellt Klopp den ungeschlagenen Premier-League-Tabellenführer auch auf das Spitzenspiel gegen Meister und Verfolger Manchester City am Sonntag in Anfield ein.

Ob es eine Partie sei, die seine Mannschaft nicht verlieren dürfe, die sie sogar gewinnen müsse? Mit solchen Fragen kann er nichts anfangen. „Es ist ein Spiel, das ich gewinnen will. Must-Win-Spiele habe ich noch nie verstanden. Es ändert nichts an den Chancen“, sagte er dem britischen Sender Sky Sports. Klopp kann sich diese Gelassenheit erlauben. Der Vorsprung an der Tabellenspitze beträgt 6 Punkte. Es ist das Team von Trainer Pep Guardiola, das unter Druck steht.

Die Saison in England nimmt bislang einen erstaunlichen Verlauf. Nach der dramatisch knappen Meister-Entscheidung in der vergangenen Spielzeit, als City nur einen Punkt vor Liverpool einlief, hatten Fans und Fachleute diesmal ein ähnlich enges Duell erwartet. Doch während Liverpool weitermacht wie gehabt, getrieben von der Sehnsucht nach der ersten Meisterschaft seit 30 Jahren, ist Guardiolas Auswahl die Perfektion abhanden gekommen.

Der Titelverteidiger kassierte in der Liga schon zwei vermeidbare Niederlagen und operierte auch bei der Generalprobe unter der Woche in der Champions League bei Atalanta (1:1) nicht souverän. Dass Verteidiger Kyle Walker in den Schlussminuten das Tor hüten musste, war ein hübsches Symbol dafür, dass beim Meister nicht alles nach Plan läuft.

Kein Plan B bei Pep

Anders als Klopps „verdammte Mentalitätsriesen“, wie Liverpools Trainer seine Spieler nennt, hat Manchester City Schwierigkeiten, sich gegen Widerstände zu behaupten. Die Verletzung von Abwehrchef Aymeric Laporte hat den Titelverteidiger aus dem Takt gebracht. Außerdem fehlt ein Plan B, wenn es nicht gelingt, den Gegner durch Guardiolas berühmtes Kurzpassspiel zu zerlegen. Ein Beleg dafür ist die Tatsache, dass kein Team in der Premier League so viele Flanken schlägt wie Manchester City.

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Dabei sind die kleingewachsenen Stürmer Sergio Aguero und Gabriel Jesus für diese Spielweise nicht geeignet. Auch die fehlende Genauigkeit im Abschluss hat Guardiola schon mehrfach beklagt. Beim mühsamen 2:1 in der Liga zuletzt gegen Southampton brachte der Meister von 26 Schüssen nur 4 aufs Tor. Immerhin gelang es, trotz eines frühen Gegentreffers noch zu gewinnen.

Diese Widerstandskraft ist eigentlich eine Spezialität des FC Liverpool geworden. Schon zehn Punkte holte Klopps Mannschaft in dieser Saison nach Rückstand – zuletzt zweimal nacheinander, bei den 2:1-Erfolgen gegen Tottenham Hotspur und Aston Villa. „Das Vertrauen ineinander und in den Plan des Trainers sowie die Weigerung, die Fans zu enttäuschen“ ist laut Times für „die rote Welle des Glaubens“ verantwortlich, die im Moment über Liverpools Gegner hinwegfegt. Auch die Verletzung von Torwart Alisson zum Saisonstart und eine Egoismus-Debatte um Angreifer Mohamed Salah brachten das Team nicht vom Kurs ab.

Die Herausforderung ist es, auch weiter alle Aufgaben zu meistern, die der Mannschaft gestellt werden. City-Trainer Guardiola fuhr vor dem Spitzenspiel eine Psycho-Attacke gegen Sadio Mané, indem er ihn der Schauspielerei bezichtigte. In der Abwehr ist Liverpool verwundbar, fast doppelt so viele Gegentore wie zum gleichen Zeitpunkt der Vorsaison belegen das.

Und dann stehen ja noch die hektischen Wochen um Weihnachten und den Jahreswechsel bevor, die diesmal besonders anstrengend werden. Liverpool tritt im Dezember bei der Klub-WM in Katar an und ist deshalb unter anderem gezwungen, an zwei Tagen zwei Spiele auf zwei verschiedenen Kontinenten zu bestreiten. Die Verantwortlichen für diese Konstellation sollten lieber „an die Spieler und nicht an ihre Geldbörse“ denken, tadelte Klopp. Ihm wird nichts anderes übrig bleiben, als weiter den Fokus auf die 90 Minuten auf dem Rasen zu richten – beginnend mit dem Spitzenspiel gegen Manchester City.

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