Presse in Russland: Die „Neue Zeitung“ sieht alt aus

Dem oppositionellen Blatt „Nowaja Gaseta“ droht im Mai das Aus – zumindest im Print. Der Chefredakteur spricht von finanziellen Schwierigkeiten.

Ab Mai nur noch online? Der Chefredakteur der „Nowaja Gaseta“, Dmitri Muratow. Bild: dpa

BERLIN taz | Die größte unabhängige Zeitung Russlands, Nowaja Gaseta, (Neue Zeitung) mit einer Auflage von 250.000 Exemplaren wird Anfang Mai vermutlich ihre Druckausgabe einstellen müssen. Das teilte Chefredakteur Dmitri Muratow am Donnerstag in Moskau mit.

Als Gründe wurden finanzielle Schwierigkeiten genannt, wobei aber „wirtschaftliche Fragen in Russland nicht von politischen zu trennen sind“, wie Muratow erklärte. Der größte Anteil an Nowaja Gaseta (39 Prozent) gehört dem Bankier und ehemaligen Duma-Abgeordneten Alexander Lebedew. Einer der Herausgeber ist der sowjetische Ex-Präsident Michail Gorbatschow. Die Nowaja Gaseta erscheint wöchentlich und wird auch in Deutschland, Israel und Kasachstan vetrieben.

Seit ihrer Gründung 1993 hat sich die Nowaja Gaseta durch ihren investigativen Journalismus weit über die Grenzen Russlands einen Namen gemacht. Dank den Enthüllungen des Blattes wurden mehrere Gerichtsverfahren initiiert. Mindestens acht Mitarbeiter mussten für ihre Recherchen mit dem Leben bezahlen. Die prominenteste unter ihnen war Anna Politkowskaja, die 2006 vor ihrem Moskauer Wohnhaus erschossen wurde.

Zuletzt sorgte die Nowaja Gaseta Ende Februar weltweit für Schlagzeilen, als sie Auszüge aus einem vertraulichen Dokument veröffentlichte, welches die strategischen Pläne Russlands in der Ukraine darlegt. Der Destabilisierungsplan für die Ukraine soll dem Kreml zwischen dem 4. und 12. Februar 2014, also noch vor der Flucht des ukrainischen Ex-Präsidenten Wiktor Janukowitsch aus Kiew, überreicht worden sein.

Er legt nahe, dass die Annexion der Krim und die Okkupation des Donbass schon Wochen vor dem Sturz des Regimes des damaligen Präsidenten Wiktor Janukowytsch von Moskau geplant worden waren.

Laut Muratow steht hinter dem Ukraine-Plan der Oligarch Konstantin Malofejew. Dieser gilt als einer der Ideologen und finanziellen Unterstützer der prorussischen Separatisten im Osten der Ukraine. Das jüngste Eingeständnis des russischen Präsidenten Wladimir Putin in Bezug auf den Anschluss der Krim lässt an der Echtheit des Dokumentes keinen Zweifel mehr.

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