Pressefreiheit in Ungarn: Deal unter Verdacht

Ein österreichischer Investor kauft Ungarns linksliberales Traditionsblatt „Népszabadság“. Kritiker befürchten, hinter dem Deal stecke die Fidesz-Partei.

Népszabadság beteiligte sich am Protest gegen die restriktiven Mediengesetze der Regierung. Bild: reuters

Ungarns größte Qualitätszeitung, der linksliberale Népszabadság, wird verkauft. Die Vienna Capital Partners (VCP) wollen das Flaggschiff der oppositionellen Presse gemeinsam mit der Wirtschaftszeitung Vilaggazdasag, dem Sportblatt Nemzeti Sport, acht ungarischen Lokalzeitungen und einigen Spartenmagazinen von Ringier bzw. Springer übernehmen und wieder rentabel machen. Das meldete letzte Woche die ungarische Presseagentur MTI.

Schon seit über einem Jahr versuchte der Schweizer Ringier-Verlag seine Anteile am ehemaligen Zentralorgan der Ungarischen KP abzustoßen. Denn die ungarischen Kartellbehörden verlangten den Verkauf vor der geplanten Fusion der Verlagsriesen Springer und Ringier in Ungarn. In anderen Ländern Ostmitteleuropas ist diese Verschmelzung längst vollzogen. Mehrere Kaufvarianten standen im Raum. Darunter eine Übernahme durch die Minderheiteneignerin, die Sozialistische Partei MSZP.

VCP hat Erfahrung mit Medienprodukten, allerdings ohne eigene verlegerische Ambitionen. Die Anteile an der serbischen Boulevardzeitung Blic verkaufte der Finanzinvestor 2008 an Ringier. Im Jahr 2006 beriet VCP den schwedischen Verlagskonzern Bonnier beim Verkauf seiner Anteile an der österreichischen Tageszeitung Wirtschaftsblatt an die österreichische Styria-Gruppe. Deswegen fürchten betroffene Journalisten, VCP-Gründer Heinrich Pecina als professioneller Strohmann agiere in Wahrheit für ungarische Interessenten.

In Verdacht steht vor allem der Oligarch und ehemalige Finanzchef der regierenden Fidesz-Partei, Lajos Simicka. Gerade Népszabadság gehört zu den wenigen Medien, die von der rechtsnationalistischen Regierung noch nicht auf Linie gebracht werden konnten.

Käufer will kein Strohmann sein

Pecina versucht Befürchtungen hinsichtlich möglicher Eingriffe in die Blattlinie zu zerstreuen, wenn er verspricht, den politisch und wirtschaftlich unabhängigen Journalismus in Ungarn zu stärken. Man wolle auf der „großartigen Tradition“ von Népszabadság aufbauen und eine langfristig angelegte „dynamische Mediengruppe in Ungarn“ schaffen.

Mit dem Minderheitseigentümer von Népszabadság, der Stiftung Freie Presse der MSZP, wolle man kooperieren. Mit dem Deal wechselt auch der derzeitige Generaldirektor von Ringier Ungarn zu VCP und wird dort der neue Chef für die Medienbeteiligungen. Die neue Verlagsgruppe wird über eine eigene Druckerei und Vertriebsagentur verfügen.

In Summe verkaufen alle Titel auf der Shoppinglist von VCP täglich rund 230.000 Exemplare. 700 Beschäftige hoffen, übernommen zu werden. Ausständig ist noch die Zustimmung der ungarischen Medienbehörde und des Wettbewerbsamtes.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.