Privates auf dem Datenträger: Neuware mit Nebenwirkung

Ein Elektronikmarkt verkauft eine Festplatte als neu – inklusive der persönlichen Daten des Vorbesitzers. Der Händler will nun seine Mitarbeiter schulen.

Alles abgespeichert? Hoffentlich nicht auf der falschen Festplatte. Bild: reuters

BERLIN taz | Ausweiskopien. Briefe. Kontoauszüge. Es sind sehr persönliche Daten, die auf der neuen Festplatte von Marian B. liegen. Das Problem: Die Daten sind nicht von ihm. Die Festplatte war B. als Neuware verkauft worden.

Es ist der 28. Juli gegen 21 Uhr, als B. eine Filiale der Elektronikkette Mediamarkt am Berliner Alexanderplatz betritt. Der Systemelektroniker weiß, was er will: Neben diversen kleineren Artikeln sucht er eine externe SSD-Festplatte mit ausreichend Speicher für seine Backups. Seine Wahl fällt auf ein Verbatim-Produkt mit 128 Gigabyte Speicher für knapp 64 Euro.

Erst als er die Hardware in Betrieb nehmen will, fällt ihm auf: Die Festplatte wurde bereits genutzt. 18 Stunden ist sie schon gelaufen, und als B. genauer nachschaut, wird ihm klar, dass der Vorbesitzer in diesen 18 Stunden mehr getan haben muss, als nur testweise ein paar Dateien zwischenzuspeichern.

Die Daten lassen in vielerlei Hinsicht Rückschlüsse auf das Leben des Vorbesitzers zurück. Auf den Musikgeschmack, auf den genauen Wohnort und den Familienstand. Wer die gespeicherten Bankunterlagen, Kontoauszüge und Korrespondenz unter die Lupe nimmt, würde hier wohl auf weitere sensible persönliche Informationen stoßen. B. vermutet, dass der Vorbesitzer die Festplatte gekauft, recht intensiv genutzt und dann innerhalb der Kulanzzeit zurückgegeben hat. Tatsächlich bestätigt der von der taz kontaktierte Vorbesitzer, etwa im Juli eine SSD-Festplatte bei Mediamarkt gekauft und dann zurückgegeben zu haben.

Kein Einzelfall

Dass Händler gebrauchte Ware als neu verkaufen, ist kein Einzelfall. Gerade bei Ebay oder kleineren Versandhändlern beklagen sich immer wieder Kunden über als neu verkaufte Produkte, bei denen an Gebrauchsspuren, teilweise schon anhand von Schäden an der Verpackung, zu erkennen ist, dass die Ware doch nicht mehr so frisch ist.

„Ein als neu verkauftes Gerät muss der Qualität einer neuwertigen Ware entsprechen“, sagt Miriam Rusch, Juristin bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Wo die Grenze zwischen neuwertig und gebraucht verläuft, sei mitunter schwer zu sagen. Doch bei einer Festplatte, die bereits mehrere Stunden in Betrieb war, könnten die Kunden in jedem Fall ihre Gewährleistungsrechte geltend machen, um ein tatsächlich neues Produkt zu erhalten. B.s Anfrage an den Elektronikmarkt mündete dann auch in einem Angebot, die Festplatte umtauschen zu können – auf die Hinweise zu den noch vorhandenen Daten geht die Antwort nicht ein.

Auf taz-Anfrage gibt das Unternehmen an, jedes zurückgegebene Produkt durchlaufe einen „sorgfältigen Prüfprozess“. Festplatten würden formatiert und dabei alle Daten gelöscht. „Offensichtlich wurde in dem geschilderten Fall diese Vorgehensweise nicht vollständig eingehalten“, räumt eine Mediamarkt-Sprecherin ein. Man werde daher die Abläufe überprüfen und „Mitarbeiter nochmals in Schulungen für dieses Thema sensibilisieren“.

Verbraucherschützerin Rusch sieht auch den Vorbesitzer in der Pflicht: „Wenn ich etwa eine Festplatte zurückbringe, muss ich dafür sorgen, dass die Daten gelöscht sind.“ Allerdings müsse der Händler zumindest prüfen, ob sich tatsächlich keine Daten mehr darauf befinden. „Ich bin weniger geschädigt als derjenige, dessen Daten darauf sind“, sagt auch der Käufer B. Der Vorbesitzer kündigte an, strafrechtliche Schritte einleiten zu wollen.

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