Privatisierung von Autobahnen: Gabriels Wahrheit

Autobahn-Privatisierungen blieben auch künftig ausgeschlossen, hatte der SPD-Chef behauptet. Ein neues Gutachten widerspricht ihm.

Verkehr auf der Autobahn

Autobahnen – bald Investitionsmöglichkeiten für Unternehmen? Foto: dpa

BERLIN taz | Am Donnerstag treffen sich nach Informationen der taz Vertreter der Staatskanzleien der Länder mit Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) zu einem brisanten Thema. Es geht um die Finanzbeziehungen und um die Übertragung der Zuständigkeit für die Autobahnen auf den Bund. Doch daran regt sich erneut harsche Kritik: In einem Gutachten im Auftrag der Thüringer Staatskanzlei, das der taz vorliegt, heißt es, dass eine Privatisierung der Autobahnen wegen uneindeutiger Formulierungen im Beschluss nicht ausgeschlossen sei.

Die Länder hatten schon zuvor Bedenken vorgetragen, dass es zu Autobahn-Privatisierungen kommen könne. Doch SPD-Chef Sigmar Gabriel besänftigte damals seine Genossen per Post: „Wir konnten durchsetzen, dass die Privatisierung von Autobahnen und Bundesstraßen ausgeschlossen wird.“ Dabei hatte er eine Kommission eingesetzt, die für eine Privatisierung die Vorarbeiten leistete.

In der Bund-Länder-Einigung hieß es zur „Übernahme in die Bundesverwaltung“: Es werde eine „unter staatlicher Regelung stehende privatrechtlich organisierte Infrastrukturgesellschaft Verkehr“ gegründet. In dieser werde das „unveräußerliche Eigentum des Bundes an Autobahnen und Straßen im Grundgesetz festgeschrieben“.

Also alles gut? Thüringen dürfte daran mittlerweile Zweifel hegen. Das ergibt sich aus dem Gutachten. Erstellt hat es im Auftrag der Staatskanzlei der Frankfurter Rechtsprofessor Georg Hermes. Er hatte Sigmar Gabriel angesichts der drohenden Privatisierung öffentlich Wählerbetrug vorgeworfen.

Schwammiger Beschluss

In seinem Gutachten analysiert er nun den Bund-Länder-Beschluss und kritisiert die Schwammigkeit, die eine Privatisierung keineswegs ausschließe. „So macht etwa ‚bundeseigene Verwaltung‘ eine Verwaltung durch Behörden erforderlich, während ‚Bundesverwaltung‘ auch in privatrechtlichen Organisationsformen realisiert werden darf“. Weiter: „Die Formulierung, dass die Infrastrukturgesellschaft ‚unter staatlicher Regelung‘ stehen soll, hat wenig Gehalt. Im Rechtsstaat unterliegen alle natürlichen und juristischen Personen der staatlichen Regelung.“

Und die Festschreibung des „unveräußerlichen Eigentums des Bundes an Autobahnen“ würde, so Hermes, „insbesondere keine Privatisierung verhindern“. Nötig sei seiner Ansicht nach, das „Eigentum des Bundes an der Infrastrukturgesellschaft“ verfassungsrechtlich zu verankern.

Bisher leisteten nur die Länder Widerstand. Das hat sich geändert: Unter anderem hat nun auch der ACE Auto Club Europa e. V. eine kritische Analyse erstellt, die der taz vorliegt.

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