Privatisierung: Bahn versilbert ihre Filetstücke

Hochtief und ein Finanzinvestor freuen sich über Immobilien in Citylage, Politiker sind erbost.

Bevor die Bahn ihr Schienennetz teilprivatisiert, verkauft sie schon einmal ihre Immobilientochter. Bild: dpa

Der Verkauf der Immobilientochter Aurelis durch die Deutsche Bahn sorgt für Unruhe im Deutschen Bundestag. "Dieses Geschäft stinkt zum Himmel", erklärte der verkehrspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Winfried Hermann. "Es wirft zahlreiche parlamentarische Fragen auf, die zu stellen wir uns vorbehalten." Mit dem Verkauf versuche das Management der DB "noch schnell Geld zusammenzukratzen, um die Bahn nach außen hin börsenfähig zu machen", sagte der SPD-Bundestagsabgeordnete Herman Scheer der taz. Diese Bilanzschönung gehe aber zulasten des Gesamtkonzerns. Der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Deutschen Bundestag, Klaus Lippold (CDU), will den Verkauf auf der nächsten Sitzung am Mittwoch diskutieren lassen.

Der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn hatte am Mittwoch einem Verkauf von Aurelis an den größten deutschen Baukonzern Hochtief und den Finanzinvestor Redwood Grove zugestimmt. Der Kaufpreis liegt bei 1,64 Milliarden Euro und damit unter den von Bahnchef Hartmut Mehdorn anvisierten 2 Milliarden Euro. Da vom Kaufpreis aber noch die Schulden bezahlt werden müssen, werden beim Verkäufer, der DB-Sparte Station und Service, am Ende lediglich deutlich weniger als 1 Milliarde Euro ankommen.

Dabei liege der eigentliche Wert von Aurelis bei rund 4 Milliarden Euro, erklärte Hermann. "Die Tatsache, dass der Aufsichtsrat der DB AG mit Zustimmung der großen Koalition einen derart schlechten Verkaufserlös für die Bahntochter Aurelis erzielt, ist ein politischer Skandal." Durch die Hin-und-Her-Verkäufe der Bahn-Immobilien in den letzten Jahren habe der eigentliche Wert offenbar vertuscht werden sollen.

Aurelis verwaltet Flächen und Immobilien, die die Deutsche Bahn nicht mehr für ihren Betrieb braucht, zum Beispiel Gleisbrachen und andere Freiflächen. Insgesamt umfasst das Portfolio knapp 30 Millionen Quadratmeter zum Teil in den Innenstädten deutscher Großstädte. So zählen rund 710.000 Quadratmeter in Münchens City dazu, auf der Wohn- und Gewerbeflächen entstehen sollen. Auch in Düsseldorf, Frankfurt und Hamburg werden frühere Bahngrundstücke zu neuen Stadtvierteln.

Entsprechend frohlockte auch Hochtief-Chef Herbert Lütkestratkötter: "Hochtief erhält durch Aurelis Zugriff auf Grundstücke und Immobilien in den besten Lagen deutscher Ballungszentren." Und diese sollten schnell entwickelt und weiterverkauft werden.

Dieses Szenario ist Wasser auf die Mühlen der Abgeordneten, die gegen einen Bahnverkauf an private Investoren sind. Zumindest in der SPD haben sie einen ersten Erfolg errungen. Fraktionsvorsitzender Peter Struck rückte gestern von seinem Ziel ab, das umstrittene Privatisierungsgesetz noch vor dem SPD-Parteitag durch den Bundestag zu bekommen. "Wir werden auf keinen Fall vor dem SPD-Parteitag eine Entscheidung treffen", sagte er am Donnerstag vor einer Klausurtagung des Fraktionsvorstands in Berlin. Er habe mit Unionsfraktionschef Volker Kauder vereinbart, dass der Gesetzentwurf erst in der übernächsten Bundestagssitzung eingebracht werden solle. Vor einer Entscheidung seien noch viele Fragen zu klären.

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