"Pro Deutschland"-Parteitag in Berlin: "Das ist Rechtsextremismus light"

Der Politologe Richard Stöss glaubt nicht, dass "Pro Berlin" bei der Wahl 2011 erfolgreich ist. Trotzdem dürfe man sie nicht unterschätzen. Schon ein neuer Moscheenstreit könnte für starken Zulauf sorgen.

Vorbild für "Pro Berlin": "Pro Köln" mit seinen rassistischen Parolen Bild: ap

taz: Herr Stöss, keinen Fußbreit wollen Gegendemonstranten der Bewegung Pro Deutschland lassen, die am Samstag im Rathaus Schöneberg tagen will. Was macht diese rechte Organisation so gefährlich?

Richard Stöss: Pro Deutschland stellt so etwas wie Rechtsextremismus light dar und spricht damit eine breitere Klientel an: weniger Neonazis, sondern vor allem Islamgegner.

Das Bündnis, das den Parteitag mit Blockaden verhindern will, sagt, die Bewegung verbreite "Ausländerhass, versteckt unter dem Deckmantel der Islamkritik".

Das würde ich so unterschreiben. Blickt man ein bisschen tiefer, dann geht es nicht mehr um Kritik an einem Moscheebau, sondern um grundsätzliche Fremdenfeindlichkeit, oft auch um Rassismus.

Wird Pro Deutschland zum Auffangbecken für die zerbröselnde DVU?

Nein. Der DVU ging es ja vor allem um Geschichtsrevisionismus, die wollte den Zweiten Weltkrieg im Nachhinein doch noch gewinnen. Die Sympathisanten der Pro-Bewegung sind eher kommunalpolitisch orientiert und wünschen sich eine ethnisch homogene, ausländerfreie Umgebung.

Und wie ist das Verhältnis zur NPD?

Da gibt es wenig Überschneidung. Bei der NPD ist das Umfeld eher gewaltorientiert. Das passt nicht zur gutbürgerlich-rechtslastigen Klientel von Pro.

Was macht diese Bewegung taktisch besser als DVU, NPD und andere rechte Gruppen?

Schauen Sie sich den Erfolg von extrem rechten Parteien in Westeuropa an: Erfolgreich sind die Parteien, die sich gegenüber Neonazis abgrenzen und Bündnisse mit konservativen Parteien suchen. Genau das macht auch "Pro".

Auf der Internetseite von Pro Deutschland gibt es ja auch ein "Ausstiegs-Angebot für CDU-Mitglieder".

Das entspricht durchaus der Strategie dieser Gruppierung. Sie zielt auf den "Extremismus der Mitte".

Ein hiesiger Ableger, Pro Berlin, soll nächstes Jahr bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksverordnetenversammlungen antreten - mit Aussicht auf Erfolg?

Ich räume denen keine Chancen ein.

Warum nicht?

Bei der Wahl werden wirtschaftliche und soziale Fragen im Vordergrund stehen, die sogenannten Bread-and-butter-Fragen.

Aber Armut und Arbeitslosigkeit war doch eigentlich immer Nährboden für extreme Parteien - Pro muss doch bloß Migranten zum Sündenbock machen.

Das machen die ja auch. Aber für die Lösung von wirtschaftlichen und sozialen Problemen wird den Pro-Leuten keine Kompetenz zugesprochen. Außerdem werden wir einen polarisierten Wahlkampf von SPD, Grünen und CDU bekommen. In einer stark polarisierten Situation haben kleine Parteien kaum Chancen.

Also entspannt zurücklehnen, weil bei Pro Berlin alles im Sande verlaufen wird?

Das wiederum auch nicht. Ein einzelnes Ereignis, ein neuer Moscheenstreit etwa, kann für ungeahnten Zulauf sorgen. Niemand hätte 1989 gedacht, dass die "Republikaner" ins Parlament kommen. Doch dann haben sie binnen zwei Wochen nach einer aufgeregten Diskussion über einen nicht gesendeten Fernsehspot einen Durchmarsch gemacht und bekamen 7,5 Prozent und 11 Sitze im Abgeordnetenhaus. In Neukölln waren es sogar über 10 Prozent. Man muss also vorsichtig sein - aber grundsätzlich gebe ich Pro keine Chance.

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