Problemfall A100: Betonierte Unruhe am Treptower Park

Eine AnwohnerInnen-Initiative klagt an: Der Senat soll auf der Baustelle der Stadtautobahn einen „Schwarzbau“ unterhalten und Fakten für ihre Verlängerung schaffen.

Die A100 wächst: Im Jahr 2022 soll der Asphaltteppich bis zum Treptower Park ausgerollt sein Foto: dpa

Baut das Land Berlin ohne Genehmigung an der A100? AnwohnerInnen des neuen Abschnitts der Stadtautobahn am Treptower Park und die Initiative „A100 stoppen“ sind davon überzeugt. Mehr noch: Sie glauben, dass es bei der möglicherweise illegalen Bautätigkeit auch darum geht, schon den nächsten A100-Abschnitt vorzubereiten, der bis Prenzlauer Berg führen würde. Dabei heißt es in der Koalitionsvereinbarung von Rot-Rot-Grün, der Abschluss der Autobahn werde „so gestaltet, dass er kein Präjudiz für den Weiterbau darstellt“.

Auf einer Informationsveranstaltung am Freitag stellte Bernd Kalweit von der Anwohner*innen-Initiative A100 Treptow vor, was er und andere Mitglieder auf der Großbaustelle beobachtet und genau dokumentiert haben: Am letzten Stück des aktuellen 16. Bauabschnitts, der vom Autobahndreieck Neukölln bis zur Straße Am Treptower Park führt, werden Fundamente in Beton gegossen – an einer Stelle, für die noch ein Planänderungsverfahren läuft. Die entsprechende Frist, innerhalb derer auch noch Klagen möglich sind, endet erst am 21. Mai. So lange darf hier eigentlich noch nichts passieren.

Noch gravierender ist für die KritikerInnen aber, was da ihrer Ansicht nach entsteht: eine Rampe, die die Autobahn erst in eine Höhe von vier Metern über das Straßenniveau hebt, von wo es dann wieder hinuntergeht. Wozu das? Damit später ein Teil der hochgelegten Spuren über die Straße Am Treptower Park geführt werden kann, um kurz darauf die Spree zu queren. Das wäre der 17. Bauabschnitt der Autobahn. Bernd Kalweit sieht darin eine „vom Bund gewünschte und beauftragte Lösung, optimierte Anschlussbedingungen für den 17. BA zu schaffen“. Es sei „ein Präjudiz, das genaue Gegenteil von dem, was in der Koalitionsvereinbarung steht“.

Damit nicht genug: Die Initiative rechnet mit deutlich höheren Lärm- und Schadstoffemissionen für die benachbarten Wohngebäude an der Moosdorfstraße. Durch die Rampe würden die Autos etwa die Höhe des S-Bahndamms erreichen, der dazwischen liegt. Dreck und die Geräusche hätten freie Bahn, aber Lärmschutzwände sind gen Osten nicht vorgesehen. Der Schienenlärm, so hört man aus der Senatsverkehrsverwaltung, falle an dieser Stelle ohnehin mehr ins Gewicht.

Die Verkehrsverwaltung bestreitet laut Kalweit, dass zurzeit „schwarz“ gebaut werde, wie die Initiative vermutet. Es handele sich dabei lediglich um die Errichtung einer „Baustraße“ zur Erschließung anderer Baustellenbereiche. Das sei „wissentlich oder unwissentlich eine Falschaussage“, so Kalweit zur taz. Er hat Foto- und Videomaterial parat, auf dem ein betoniertes Trogbauwerk deutlich erkennbar ist. „Mit Galilei würde man sagen: Und sie dreht sich doch.“

Zusammen mit „A100 stoppen“ fordern die AnwohnerInnen einen sofortigen Baustopp an der umstrittenen Stelle bis zum Abschluss des Planfeststellungsverfahrens, aber auch die Neuplanung der Trasse an der Anschlussstelle Treptower Park, an der auch die BürgerInnen angemessen beteiligt werden.

Unterstützung bekommen sie von Teilen der Regierungsparteien: „Der Bau der Rampe widerspricht unserer Koalitionsvereinbarung“, so die Linkenabgeordnete und stadtentwicklungspolitische Fraktionssprecherin Katalin Gennburg. Dass „eine Vorentscheidung für den Weiterbau betoniert“ werde, sei „zumindest erklärungsbedürftig“. Auch ihr Genosse Pascal Meiser, Bundestagsabgeordneter für den Wahlkreis Friedrichshain-Kreuzberg-Prenzlauer Berg Ost, sieht einen „eklatanten Widerspruch zum Koalitionsvertrag“. „Verkehrssenatorin Günther muss dafür sorgen, dass keine Fakten zum Weiterbau der A100 durch Friedrichshain und Lichtenberg geschaffen werden.“

Der Grünen-Abgeoprdnete aus Treptow und verkehrspolitische Sprecher seiner Fraktion, Harald Moritz, in diesem Zusammenhang darauf, dass die A100-Planungen von Rot-Schwarz „verkehrs- und klimapolitisch keinen Sinn“ gemacht hätten. Dies dürfe „sich nicht wiederholen“, warnte er und bekräftigte die im Koalitionsvertrag vorgenommene Festlegung, weder Planungen noch Vorplanungen für weitere Autobahnverlängerungen vorzunehmen. Moritz weiter: „Wie die Verkehrsmassen am Autobahnende Treptower Park kiezverträglich abfließen können, ist nach wie vor unklar und muss durch den Senat schnellstmöglich geklärt werden.“

Nachtrag: In einer früheren Version des Artikels hieß es irrtümlich, von den Grünen habe es keine Äußerung zum Thema gegeben. Das wurde mit der Tatsache in Verbindung gebracht, dass die Senatsverkehrsverwaltung vom grünen Koalitionspartner besetzt wird. Wir bitten, diese Fehleinschätzung zu entschuldigen.

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