Profi-Surferin Bianca Valenti: Welliger Weg zur Gleichstellung

Bianca Valenti hatte das Surfen schon aufgegeben. Als Frau sah sie keine Chance für sich. Über die Big Waves ist sie doch noch zum Star geworden.

ein Frau surft eine riesige Welle

Obenauf: Bianca Valenti auf einer Welle vor Hawaii Foto: ZUMA Press/imago

Als Bianca Valenti die Ungerechtigkeit des Sports zum ersten Mal am Leib spürt, ist sie 13 Jahre alt. Da ist die US-amerikanische Surferin als Mitglied des US Junior Surf Teams auf Bali. Die Jugendlichen bauen zu der Zeit ihre ersten Sponsorenkontakte auf, und Valenti fällt auf: Obwohl sie regelmäßig auf dem Podium steht, bekommen weniger erfolgreiche Jungs die besseren Verträge. Seit sie acht Jahre alt war, hatte die heute 31-Jährige davon geträumt, Profi-Surferin zu sein; ein Surf-Rockstar, wie sie das sehr amerikanisch und etwas ironisch später erzählte.

Extrovertiert, klug, gut gelaunt, sie ist tatsächlich eine, die vor der Kamera funktioniert. Dass sie damals fast nur gegen Jungs antrat, habe für sie nie eine Rolle gespielt. Die Ungerechtigkeit im Sponsoring schon. „Das hat mir das Herz gebrochen“, erinnerte sich Valenti vor Kurzem gegenüber der Huffington Post. Ihr sei klar geworden: „Es ist egal, ob du als Frau die beste Surferin der Welt bist, du wirst nicht die nötigen Mittel bekommen, um als Profi zu leben.“ Als sie gegen die Ungerechtigkeit protestierte, seien ihre Sponsorenverträge gekündigt worden.

Bianca Valenti gab irgendwann auf und surfte nur noch hobbymäßig. Aus Trotz mittlerweile auf Big Waves, ab fünf Meter Höhe. Das könnte jetzt das Ende der Geschichte sein, wenn Valenti nicht doch noch Surf-Revoluzzerin geworden wäre. Big Wave Surfing ist in den letzten Jahren stark gewachsen, wegen YouTube-tauglicher Inszenierung mit GoPros, besserer technischer Möglichkeiten und höherer Überlebenschancen beim Sturz.

„Sterbe ich jetzt?“

Ein Risiko bleibt’s. „Es gibt ständig Momente, in denen du dich fragst: Sterbe ich jetzt?“, beschrieb Valenti es mal. „Wenn die große Welle kommt, ist es wie eine Achterbahn, freier Fall. Wenn du nur eine Sekunde zögerst, wirst du unter Wasser gedrückt.“ Die Geschlechterverhältnisse in diesem Nischen-Extremsport sind eindeutig: Laut New York Times gibt es in der Szene aktuell etwa 300 Männer und rund zwei Dutzend Frauen. Und erst 2014 startet der erste reine Wettbewerb für Frauen, beim Nelscott Reef in den USA. Bianca Valenti, die zu dem Zeitpunkt im Restaurant ihres Vaters in San Francisco arbeitete, machte einfach aus Spaß mal mit. Damit begann ihre zweite, richtige Karriere.

Valenti nämlich siegte und wurde erster weiblicher Big-Wave-Champion überhaupt. In einem Wettbewerb, bei dem 5.000 Dollar Preisgelder verteilt wurden, im Vergleich zu 50.000 Dollar bei den Männern. In der aufkommenden Frauen-Szene aber fand die US-Amerikanerin allmählich Mitstreiterinnen.

2016 gründeten sie das Committee for Equity In Women’s Surfing. Und setzten sich eine Turnier-Teilnahme dort in den Kopf, wo eigentlich gar keine Frauen aufgenommen werden: am Surfsport Mavericks bei einem super-duper Monsterwellenturnier in Kalifornien. Nach langer Gegenwehr durch den Veranstalter („zu gefährlich für Frauen“ oder „die Kandidatinnen sind nicht gut genug“) wurde Mavericks 2018 für Frauen geöffnet. Und weil sie gleich dabei waren, setzten Valenti und Kolleginnen auch noch durch, dass die World Surf League (WSL) ab 2019 bei allen Wettkämpfen gleiche Preisgelder zahlt. Dass bei der WSL seit zwei Jahren mit Sophie Goldschmidt eine Frau im Chefsessel sitzt, die auch noch Billie Jean King ihr Idol nennt, dürfte geholfen haben.

Bianca Valenti hat sich mittlerweile noch weitere Bucheinträge gesichert: 2018 wurde sie erster weiblicher Big-Wave-Champion in Südamerika. Sie fühle sich jetzt doch noch manchmal wie ein Rockstar, sagte sie jüngst. Umweltaktivistin ist sie übrigens auch. Ihre Ex-Kollegin Cori Schumacher ist unterdessen in die Politik gegangen und unterstützt einen Gesetzesvorschlag in Kalifornien: Alle Sport-Turniere, die auf staatlichem Boden stattfinden, sollen gleiche Preisgelder für Frauen und Männer ausschütten müssen. Neben Surfen beträfe das etwa Radfahren und Triathlon.

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Jahrgang 1991, studierte Journalismus und Geschichte in Dortmund, Bochum, Sankt Petersburg. Schreibt für die taz seit 2015 vor allem über politische und gesellschaftliche Sportthemen zum Beispiel im Fußball und übers Reisen. 2018 erschien ihr Buch "Wir sind der Verein" über fangeführte Fußballklubs in Europa. Erzählt von Reisebegegnungen auch auf www.nosunsets.de

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