Protektionismus in den USA: Trump erlässt Strafzölle

Der US-Präsident hat die angekündigten Einfuhrzölle erlassen. In 15 Tagen treten sie in Höhe von 25 Prozent auf Stahl und von zehn Prozent auf Aluminium in Kraft.

Ein Stahlarbeiter in Schutzkleidung mit Helm steht vor eine lodernden Feuer

Sollte Stahl aus Duisburg in die USA geliefert werden, wird es teuer (Archivbild 2017) Foto: dpa

WASHINGTON dpa | Mit einem handelspolitischen Alleingang stellt sich US-Präsident Donald Trump erneut gegen große Teile der Welt: Strafzölle auf die Einfuhr von Stahl und Aluminium sollen die heimische Industrie schützen und ihm die Gunst der Arbeiterschaft sichern. „Ich verteidige heute Amerikas nationale Sicherheit, indem ich Importe von Stahl und Aluminium mit Zöllen belege“, sagte Trump. Auch die Verbündeten in Europa bleiben zunächst nicht verschont. Der Schritt ist national und international umstritten.

Der US-Präsident unterzeichnete am Donnerstag im Weißen Haus im Beisein von Stahlarbeitern zwei Proklamationen. Demnach treten in 15 Tagen Zölle in Höhe von 25 Prozent auf eingeführten Stahl und von zehn Prozent auf Aluminium in Kraft – „sobald die Produkte unsere Grenze überschreiten“, wie Trump sagt. „Wenn ihr Steuern vermeiden wollt, produziert in Amerika“, rief er potenziellen Investoren zu.

Trump kündigte ferner an, „Spiegel-Steuern“ einführen zu wollen. Das heißt: gleiche Steuersätze für gleiche Produkte im gegenseitigen Warenverkehr. „Wenn wir ein Auto nach China liefern, zahlen wir 25 Prozent. Für ein chinesisches Auto, das zu uns kommt, verlangen wir 2,5 Prozent – das muss sich ändern“, so Trump. „Amerikanische Unternehmen werden nicht fair behandelt.“

Kanada und Mexiko werden von den Zöllen auf unbestimmte Zeit ausgenommen. Sollten die Nachverhandlungen für das gemeinsame Freihandelsabkommen Nafta erfolgreich sein, bleiben sie auch langfristig befreit. Die beiden Länder zusammen stehen für mehr als ein Viertel der US-Stahlimporte. Kanadas Außenministerin Chrystia Freeland begrüßte die Ausnahmen als „richtiges Ergebnis“. Ihr Land werde sich für „eine permanente Ausnahme“ einsetzen.

Alle anderen Länder lud Washington am Donnerstag zu Einzelfallverhandlungen ein. Sollten sie nachweisen können, auf andere Art zur nationalen Sicherheit der Vereinigten Staaten beizutragen, könnten auch sie Nachlässe erhalten.

Enttäuschung aus dem Ausland

Trump hatte im vergangenen Frühjahr eine Untersuchung beim Handelsministerium in Auftrag gegeben, inwieweit die Überkapazität auf dem internationalen Stahlmarkt mit einem hohen Anteil an Billigimporten die Nationale Sicherheit der USA gefährde. Das Ministerium war nach seiner Prüfung zu dem Schluss gekommen, dass diese Gefahr bestehe. „Dies ist keine Möglichkeit, sondern eine Notwendigkeit“, sagte Trump zu den Zöllen.

Im Ausland reagierten viele enttäuscht. Es sei nun zu befürchten, dass „Dinge ins Rollen kommen, die wir uns nicht wünschen“, sagte der Präsident des deutschen Außenhandelsverbandes, Holger Bingmann. Auch der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Martin Wansleben, kritisierte die Entscheidung: „Die USA sind vom Paulus zum Saulus geworden.“ Mit den jetzt verhängten Strafzöllen und der angeführten Begründung stellten sich die USA außerhalb der Regeln des Welthandelssystems WTO, das sie selbst initiiert hätten.

„Um einen Handelskrieg mit den USA zu vermeiden, sollte die EU ihre Autozölle von zehn Prozent auf die 2,5 Prozent senken, die die USA derzeit erheben“, sagte der Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer, der Rheinischen Post. Bereits zuvor hatten zahlreiche Wirtschaftsführer und Politiker erklärt, ein internationaler Handelskonflikt werde allen Beteiligten schaden und keinen Sieger hervorbringen.

Die EU-Kommission wollte sich am Donnerstag zunächst inhaltlich gar nicht äußern. Handelskommissarin Cecilia Malmström bekräftigte ihre Auffassung, dass die EU von den Zöllen ausgenommen werden solle. Sie wolle am Samstag mit dem US-Handelsbeauftragten Robert Lighthizer in Brüssel sprechen. Der CSU-Europapolitiker Manfred Weber gab sich kämpferisch: „Wir werden dieses aggressive Verhalten der USA nicht akzeptieren“, sagte er. Europas Antwort müsse klar und bestimmt ausfallen, aber auch verhältnismäßig bleiben.

Kritik aus den eigenen Reihen

Trump selbst hatte im Vorfeld erklärt, Handelskriege seien für die Partei, die ein Handelsdefizit aufweise, „leicht zu gewinnen“. Die USA haben derzeit ein Defizit von rund 800 Milliarden Dollar, davon rund 500 Milliarden allein mit China. Der EU hatte Trump erhebliche Vorwürfe gemacht. Die europäischen Länder behandelten die USA nicht fair, errichteten ihrerseits hohe Handelsschranken.

Trumps Schritt stieß auch in den USA selbst und sogar in der eigenen Partei auf erhebliche Kritik. Der Vorsitzende des Repräsentantenhauses und führende Republikaner, Paul Ryan, erklärte: „Ich bin mit diesem Handeln nicht einverstanden und fürchte ungewollte Folgen.“ Die Ausnahmeregelungen seien nicht hinreichend. Seine Partei werde weiter versuchen, Zugeständnisse zu erreichen.

Noch am Tag vor der Unterzeichnung der Proklamation hatten sich 107 Abgeordnete von Trumps eigener republikanischer Partei gegen die Maßnahmen gewandt und in einem offenen Brief an den Präsidenten ihre „tiefe Besorgnis“ zum Ausdruck gebracht. Manager und Politiker befürchten, dass teurere Stahl- und Aluminiumpreise sowie Vergeltungsmaßnahmen aus dem Ausland in der US-Wirtschaft höheren Schaden verursachen könnten, als die Zölle gutmachen.

Der republikanische Senator Jeff Flake erwägt einen Gesetzesentwurf, der die Zölle im Nachhinein konterkarieren soll. Er wolle seine Kollegen anhalten, diesen zu verabschieden, „bevor diese protektionistische Maßnahme größeren Schaden an unserer Volkswirtschaft anrichtet“, schrieb Flake auf Twitter. Dem Vorstoß werden jedoch keine großen Chancen eingeräumt, auch weil die oppositionellen Demokraten nicht ausreichend mitziehen. „Präsident Trumps Instinkte, gegen China vorzugehen, sind korrekt“, sagte der Demokraten-Fraktionschef im Senat, Chuck Schumer.

Drohung mit Vergeltungszöllen

Die EU hatte ihrerseits angedroht, US-Produkte mit Vergeltungszöllen zu belegen – darunter Bourbon-Whiskey aus Kentucky und Tennessee. Auf einer Liste mit 200 Produkten kommen vor allem solche vor, die in für US-Wahlen wichtigen „Swing States“ produziert werden. Auch Orangensaft aus Florida steht auf der Liste.

Das Weiße Haus begründete die Zölle unter anderem mit dem Verlust von Zehntausenden Jobs in der Stahl- und Aluminiumindustrie in den vergangenen 20 Jahren. US-weit existierten nur noch fünf Aluminium-Schmelzereien, nur zwei davon seien voll ausgelastet. 90 Prozent des Aluminiums würden importiert. „Beide Branchen sind erheblich bedroht“, sagte ein hoher Beamter des Weißen Hauses. „Wir haben ein Drittel unserer Aluminium-Arbeiter verloren“, so Trump.

Der wirtschaftliche Schaden in anderen Branchen werde sich in Grenzen halten. Nach Berechnungen des US-Handelsministeriums sollen sich die Zusatzkosten etwa für ein Flugzeug der Marke Boeing auf lediglich 25.000 Euro belaufen. Ein Sechserpack Bierdosen werde nur um 1,5 Cent teurer, hieß es aus dem Weißen Haus. Unabhängige Insitutionen rechneten dagegen vor, dass allein in der US-Autobranche 45.000 Jobs verloren gehen könnten.

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