Protest bei Lidl-Zulieferer in Bangladesch: Tränengas gegen Hungerstreikende

Hunderte NäherInnen protestieren, weil sie seit Monaten nicht bezahlt werden. Nun hat die Polizei den Hungerstreik in Bangladesch gewaltsam beendet.

Polizisten in Bangladesch beim Einsatz gegen protestierende ArbeiterInnen. Bild: ap

BERLIN taz/afp | In Bangladesch hat die Polizei mit Tränengas und Knüppelangriffen mehrere Hundert NäherInnen aus einer Textilfabrik vertrieben. Diese hatten seit elf Tagen mit einem Hungerstreik protestiert, weil sie seit drei Monaten keinen Lohn sowie keinen Feiertagsbonus zum Zuckerfest am Ende des Ramadans erhalten haben. Rund dreißig ArbeiterInnen sowie mehrere Journalisten wurden verletzt. Die Firma Tuba Garments, der die Fabrik gehört, hatte im Sommer WM-Trikots für Lidl genäht.

Die Zeitung Dhaka Tribune berichtete, die Polizei habe zunächst den Hungerstreikenden Wasser und Strom abgestellt und später nur noch Journalisten in die Nähe des Gebäudes gelassen. Gegen Mittag hätten die Beamten das Haus gestürmt und die rund 400 NäherInnen mit Tränengas und Schlagstöcken herausgetrieben. Dabei hätten sie diese als „Huren“ und „Bastarde“ beschimpft und ihnen mit Vergewaltigung gedroht. Als ArbeiterInnen aus anderen Fabriken auf die Straße gingen, um ihre Unterstützung zu zeigen, habe die Polizei sie mit Wasserwerfern und Gummigeschossen angegriffen. Die ArbeiterInnen bewarfen die Polizei mit Ziegelsteinen.

„Sie haben uns gezwungen, die Fabrik zu verlassen“, sagte Arbeiteraktivistin Moshrefa Mishu, die sich dem Streik angeschlossen hatte. Sie und eine weitere Aktivistin wurden festgenommen, aber nach mehreren Stunden wieder freigelassen. Nach ihrer Freilassung kündigte Mishu an, dass die Proteste weiterlaufen würden. Polizeichef M.A. Jalil wies die Vorwürfe der Protestierenden zurück. Die Polizei habe die Näherinnen zwar aus der Fabrik entfernt, doch ohne Gewalt. Tränengas und Schlagstöcke seien erst eingesetzt worden, als die Arbeiterinnen auf die Straße stürmten und dort Autos und Busse attackierten.

Derzeit ist noch ungeklärt, warum die ArbeiterInnen nicht bezahlt wurden. GewerkschafterInnen in Bangladesch vermuten, dass so die Freilassung von Tuba-Firmenchef Delwar Hossain erpresst werden sollte, der wegen „fahrlässiger Tötung“ angeklagt ist, nachdem seine Fabrik „Tazreen“ vor anderthalb Jahren abbrannte und 112 Menschen ums Leben kamen – unter anderem weil Notausgänge verriegelt waren. Hossain wurde im Februar festgenommen, nachdem er monatelang untergetaucht war. Seit Mai haben die NäherInnen keinen Lohn mehr erhalten. Am 5. August, eine Woche nach Beginn des Streiks, wurde Hossain auf Kaution freigelassen.

Unterdessen berichtet die Nachrichtenseite bdnews24, dass ein Großteil der ArbeiterInnen inzwischen Geld erhalten habe – allerdings nicht von Tuba und auch nicht die volle Summe. Nachdem die Regierung vergangene Woche Druck gemacht hatte, bot der Textilunternehmerverband BGMEA an, den ArbeiterInnen zwei Monatslöhne auszuzahlen. Dieses Angebot hätten inzwischen 1.300 der rund 1.500 angenommen, hieß es. Viele berichteten, dass sie keine andere Wahl hatten, weil sie Geld für ihren Alltag brauchen.

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