Protest gegen Bauprojekt in Frankreich: Tod am Staudamm

Ein 21-jähriger Student stirbt bei Protesten gegen ein Bauprojekt. Für die Demonstranten ist klar, wer dafür die Verantwortung trägt.

Auch in Gaillac versammelten sich die Staudammgegner. Bild: imago/Tobias Hohenacker

PARIS taz | Die Gegner eines Stauseeprojekts bei Sivens im französischen Departement Tarn sind schockiert. Bei ihrer jüngsten Protestaktion auf dem Baugelände im Südwesten des Landes ist ein junger Mann ums Leben gekommen. Es handelt sich um den 21-jährigen Rémi Fraisse, einen Biologiestudenten aus Toulouse. Er war laut Darstellung der Polizei um 2 Uhr am frühen Sonntagmorgen leblos auf dem Gelände gefunden worden, wo es zuvor zu heftigen Zusammenstößen zwischen Ordnungshütern und Demonstranten gekommen war.

Nach Polizeiangaben feuerten dabei „100 bis 150 vermummte Anarchisten“ Brandsätze auf die Beamten. Diese setzten Tränengas, Blendgranaten und Gummigeschosse ein. Sieben Polizisten seien verletzt worden.

Am Sonntagabend versammelten sich die Staudammgegner im benachbarten Städtchen Gaillac, legten dort Feuer und schlugen mehrere Schaufenster ein. Auf Transparenten wurde der Staat des „Mordes“ beschuldigt. Die Staatsanwaltschaft Albi ordnete eine Autopsie und eine Untersuchung an. Wer die Verantwortung für den Todesfall trägt, ist für die meisten Demonstranten klar.

Der Sprecher der Vereinigung gegen das Stauseeprojekt, Ben Lefetey, erklärte, mehrere Zeugen hätten gesehen, wie ein Demonstrant bei der Konfrontation mit den Beamten umgefallen sei. Danach hätten diese ihn weggeschleift. Journalisten haben am Ort des Geschehens auf einer Betonfläche Reste einer Blutlache sowie Schleifspuren am Boden gesehen. Unklar ist aber, wodurch und unter welchen Umständen der Demonstrant zu Fall gebracht wurde.

Erster Tote bei Umweltdemonstration seit 1977

„Zum ersten Mal seit 1977, als bei Protesten gegen den Schnellen Brüter in Malville ein Demonstrant ums Leben kam, hat es bei einer Umweltdemonstration einen Toten gegeben“, sagte der grüne Europa-Abgeordnete José Bové.

Der etwa 300 Meter lange Damm, der seit Anfang September gebaut wird, soll den Fluss Tescou stauen. Kritiker wie Bové monieren, dass er nur der Bewässerung von dreißig Großbetrieben dienen soll, die intensive Landwirtschaft betreiben. Der Nutzen rechtfertige nicht, ein geschütztes Feuchtgebiet von 20 Hektar Größe zu opfern. Die Kosten, etwa 8 Millionen Euro, trägt die öffentliche Hand. Eine vom Umweltministerium in Auftrag gegebene und am Montag publizierte Untersuchung kommt zu dem Schluss, die Bedürfnisse seien überschätzt, die Konsequenzen für die Umwelt unterschätzt worden. Jedoch sei es jetzt womöglich schon zu spät, den Bau noch zu stoppen.

Fabienne Egidio, eine Sprecherin der lokalen Stauseegegner, glaubt hingegen, mit dem tragischen Tod des Demonstranten sei auch das Projekt gestorben: „Das wird unserer Bewegung Kraft geben, jetzt haben wir einen Märtyrer!“

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