Protest gegen Billigkette Primark: „Das Kaufverhalten hat Einfluss“

Wenn am Donnerstag die zweite Primark-Filiale in Berlin öffnet, werden auch Demonstranten dabei sein, sagt Berndt Hinzmann.

Billige Tüte, billiger Inhalt. Bild: dpa

taz: Herr Hinzmann, am Donnerstag eröffnet am Alexanderplatz die zweite Berliner Primark-Filiale. Ihre Kampagne für saubere Kleidung wird dagegen demonstrieren. Warum?

Berndt Hinzmann: Primark ist eines der Unternehmen, die man mit dem Begriff „Fast Fashion“ in Verbindung bringt.

Also Kleidung, die zum Wegwerfen produziert wird?

Genau. Dieses Businesskonzept ist einfach untragbar.

Warum?

Primark baut mit den Dumpingpreisen eine hohe Präsenz auf und löst dadurch einen Hype bei den Käuferinnen aus. Das wirkt sich negativ für die Beschäftigten unter anderem in den Zulieferbetrieben aus. Wenn ein Unternehmen Mode mit Anspruch und Qualität verkaufen will, muss das Kerngeschäft so betrieben werden, dass die Menschenrechte bei der Arbeit, Sozial- und Umweltstandards eingehalten werden können.

Was muss Primark ändern?

Es reicht nicht aus, mit Teilprojekten, wie etwa in der „Ethical Trading Initiative“, etwas zu bewegen. Viel wichtiger ist die Abkehr von Fast Fashion.

Am Donnerstag öffnet am Alexanderplatz die zweite Filiale von Primark. Die erste Filiale der irischen Modekette wurde 2012 in der Steglitzer Schlossstraße eröffnet. Der Andrang war riesig.

Primark steht für extrem billige Mode. Deshalb gibt es immer wieder Kritik am Geschäftskonzept.

Um 9.30 Uhr werden am Alex die Kampagne für saubere Kleidung und das Netzwerk Inkota unter dem Motto "Fast fashion ist untragbar" protestieren. (pag)

geboren 1963, ist Referent beim Inkota-Netzwerk und in der Kampagne für saubere Kleidung aktiv.

Wie könnte dies aussehen?

Primark sollte einen vollen Überblick über die Zuliefererstruktur haben, um dann auf die Einhaltung von internationalen Arbeitsstandards einzuwirken. Außerdem haben die niedrigeren Preise auch negative Auswirkungen auf andere Modefirmen im Markt in Europa. Seit 30 Jahren sind die Ausgaben pro Kopf für Bekleidung in Deutschland nicht gestiegen, jedoch das Volumen im Verkauf. Dass Kleidung in der Masse produziert wird, hat zu den katastrophalen Bedingungen bei der Herstellung geführt.

Hat die Geschichte mit den angeblich eingenähten Hilferufen Ihrem Anliegen geschadet?

Es ist schwer zu sagen, ob diese Botschaften echt sind. Die Spekulationen sollten jedoch nicht von der Realität, also langen Arbeitstagen, Hungerlöhnen, fehlendem Arbeitsschutz, ablenken.

Was ist Ihr Ziel bei dem Protest am Donnerstag?

Ein Ziel ist, dass Primark den öffentlichen Unmut kritischer Verbraucher zur Kenntnis nimmt und Veränderungen vornimmt, bevor wieder etwas passiert wie bei der Katastrophe in Bangladesch. Das andere Ziel ist, dass wir die Verbraucher erreichen, indem wir sie aufklären, denn ihr Kaufverhalten hat Einfluss, ob das Konzept von Primark weiterhin funktioniert.

Denken Sie, dass sich die Kunden von Primark für diese Hintergründe interessieren?

Es gibt immer Menschen, die, obwohl die Hintergründe bekannt sind, trotzdem nicht anders handeln. Uns geht es darum, dass das Wissen zu einem anderen Handeln führt. Dennoch geht es nicht nur um eine individuelle andere Kaufentscheidung, die Politik ist ebenso gefragt.

Was kann die Politik tun?

Es müssen andere Rahmenbedingungen geschaffen werden für bessere ökosoziale Standards in der globalen Lieferkette. Dazu gehören Transparenz- und Offenlegungspflichten oder auch Haftungspflichten, denn Eigentum verpflichtet.

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