Protest gegen Zensus: Zwischenerfolg für Berlin

Verfassungsgericht stoppt Datenlöschung der Volkszählung, die das Land Milliarden kostet. So bleibt die Basis für die eigentliche Klage gegen Zensus erhalten.

Im Mai 2011 gab es die stichprobenartige Datenerfassung, zwei Jahre später lagen die Ergebnisse vor, denen zufolge Berlin plötzlich 180.00 Einwohner weniger hatte und viel Geld aus dem Länderfinanzausgleich zurück zahlen musste. Foto: Foto: dpa

Die Milliarden-Hoffnung lebt noch: Berlin kann weiter auf eine Korrektur des sogenannten Zensus klagen, einer stichprobenartigen Volkszählung im Jahr 2011, die das Land seither jährlich um fast 500 Millionen Euro bringt. Denn das Bundesverfassungsgericht stoppte jetzt die eigentlich anstehende Löschung der mit dem Zensus verbundenen Daten – sie bilden die Grundlage für die Klage Berlins dagegen, dass dabei Berlins offizielle Einwohnerzahl um rund 180.000 Menschen reduziert wurde „Jetzt ist sichergestellt, dass es eine gerichtliche Überprüfung der Einwohnerzahl geben kann“, sagte Innensenator Frank Henkel (CDU).

Hintergrund des Streits ist, dass sich der Anteil Berlins am Länderfinanzausgleich zum großen Teil nach seiner Einwohnerzahl richtet. Nach den im Mai 2013 vorgestellten Ergebnissen der stichprobenartigen Volkszählung zwei Jahre zuvor aber hatte Berlin zum damaligen Zeitpunkt nicht etwa dreieinhalb Millionen Einwohner, sondern nur 3,3 Millionen. Erstmals lief der Zensus, auf Register gestützt, bei Gemeinden über 10.000 Einwohner nur stichprobenartig ab. Als Folge der Zählung musste das Land für die Jahre 2012 und 2013 zusammen fast eine Milliarde Euro an das Bundesfinanzministerium zurückzahlen. Grund sollten vor allem Berlin-Wegzügler sein, die sich nicht abmeldeten.

Berlin und Hamburg hatten schon im Juli 2013 Widerspruch gegen das Ergebnis eingelegt, genau wie rund 1.000 Gemeinden. Nur Berlin allerdings reichte Ende 2014 deswegen eine Klage beim Bundesverfassungsgericht ein. Die Begründung lautete, es gebe „schwerwiegende verfassungsrechtliche Bedenken“ gegen das damals angewandte Stichprobenverfahren. Es sei in Großstädten nicht sinnvoll anzuwenden, sagte Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD).

Daten als Klagegrundlage

Damit dieser Klage nicht die nötige Faktengrundlage verloren ging, hatte Berlin in einem Eil­antrag darauf gedrungen, dass die Daten des Zensus bis zum Urteil erhalten bleiben – ihre Löschung hatte nach Angaben von Henkels Innenverwaltung bereits begonnen.

Das Bundesverfassungsgericht musste bei seiner Klage abwägen zwischen dem Berliner Anliegen und einer Überschreitung der Speicherfrist. Die lief schon im Mai aus. Der Eingriff durch die aufgeschobene Löschung sei von „verhältnismäßig geringem Gewicht“, hieß es aus Karlsruhe zur Begründung der Entscheidung. Wann das Bundesverfassungsgericht die eigentliche Klage entscheidet, ließ ein Gerichtssprecher am Dienstag offen. Die nächste Volkszählung steht 2021 an, frühere Zählungen gab es zuletzt 1987 in der Bundesrepublik und 1981 in der DDR.

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