Protest gegen die Flüchtlingspolitik: Hamburger Demo bricht alle Rekorde

Tausende gehen mit den 300 Lampedusa-Flüchtlingen auf die Straße. Sie fordern ein Bleiberecht für die Überlebenden des Libyenkriegs.

Mit dem Schlauchboot gegen Abschiebung: Demonstranten am Samstag in Hamburg. Bild: dpa

HAMBURG taz | Der von den Veranstaltern angekündigte „Aufstand gegen die Flüchtlingspolitik“ – in Anspielung an den Hamburger Aufstand vor 90 Jahren – war es noch nicht. Dennoch war es die wohl größte Demo für Flüchtlingsrechte, die es jemals in Hamburg gegeben hat. Die Polizei sprach von 9.000, die Veranstalter von 25.000, die taz schätzt, dass es etwa 15.000 Menschen waren. Am Samstag gingen sie auf die Straße und forderten ein Aufenthaltsrecht für die rund 300 Afrikaner, die als Gruppe „Lampedusa in Hamburg“ bekannt geworden sind.

Es war der vorläufige Höhepunkt monatelanger Solidaritätsaktionen für die westafrikanischen Flüchtlinge, die die Bombardements der Nato in Libyen vor drei Jahren überlebt haben und nach Lampedusa über das Mittelmeer geflüchtet waren.

Gekommen waren Menschen aller Altersgruppen und unterschiedlichster Couleur. Christen, die Schilder trugen „Humanität ist Bleiberecht – Stoppt das Sterben im Mittelmeer“, wie auch schwarz gekleidete Autonome, die skandierten: „Nazis morden, der Staat schiebt ab, das ist das gleiche Rassistenpack“ und „Solidarität muss praktisch werden – Feuer und Flamme den Abschiebebehörden“. Dazwischen riefen Gewerkschafter und Schüler, die ihre Betroffenheit zum Ausdruck brachten, die Parole: „Kein Mensch ist illegal, Bleiberecht überall.“

Angeführt wurde der Marsch von den Lampedusa-Flüchtlingen selbst, die seit Wochen das beherrschende Thema in der Stadt sind. „Krieg, Flucht, Entrechtung – genug ist genug! We are here – Bleiberecht Paragraf 23“ stand auf ihrem Transparent.

Hektik in Hamburg

In den Konflikt um den Verbleib der rund 300 Lampedusa-Flüchtlinge, die sich seit Anfang des Jahres in Hamburg befinden und von denen 80 Obdach in der St.-Pauli-Kirche am Hafenrand gefunden haben, war Mitte der Woche Hektik geraten, weil sich die evangelische Nordkirche dafür eingesetzt hatte, dass sich die Flüchtlinge auf das „Angebot“ des Senats einlassen sollten, ihre Identität preiszugeben und sich bei einer Duldung einem normalen Asylverfahren zu unterziehen.

Dafür müssten die Flüchtlinge ihre italienischen EU-Pässe abgeben. Diese hatten sie bekommen, als sie humanitäres Asyl in dem Mittelmeerstaat bekommen hatten. Dort gibt es keinerlei Versorgung und so waren sie nach Nordeuropa gekommen. Für ihren italienischen Reisepass würden sie lediglich eine Duldung ohne Arbeitserlaubnis bekommen, die ein Bleiberecht nur für die Dauer des Asylverfahrens garantieren würde. Dann droht jedoch eine Abschiebung in ihre Heimatländer.

Daher lehnt die Lampedusa-Gruppe das Angebot des Senats ab und fordert die Einsetzung einer Kommission, in der über ein faires Verfahren beraten wird, wie ein Bleiberecht realisiert werden könnte. Bisher haben sich nur drei Flüchtlinge auf ein Duldungsverfahren eingelassen. „Wir lehnen die Duldung ab“, sagte ein Sprecher der Gruppe Lampedusa.

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