Protest in der Türkei: Stillgestanden!

Wenn die Bewegung ruht: Immer mehr Türken, die mit dem autoritären Kurs Erdogans unzufrieden sind, bringen das durch stundenlanges Herumstehen zum Ausdruck.

Schaufensterpuppen können ja nicht anders. Menschen schon. Bild: dpa

ISTANBUL dpa | In der Türkei schließen sich immer mehr Menschen dem stillen Protest gegen die islamisch-konservative Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan an. Auf dem zentralen Taksim-Platz in Istanbul waren am Dienstagabend mehrere hundert schweigende Menschen versammelt, wie Augenzeugen berichteten.

Sie protestierten gegen die aus ihrer Sicht autoritäre Regierung und die Polizeigewalt der vergangenen Tage. Am Nachmittag waren es einige Dutzend Menschen gewesen. Ein türkischer Choreograph, der in der Nacht zu Dienstag als „Stehender Mann“ stundenlang auf dem Taksim-Platz verharrte, hatte die neue Protestform initiiert.

Die Demonstranten richteten ihren Blick auf das zum Abriss vorgesehene Atatürk-Kulturzentrum und ein daran angebrachtes Porträt des Staatsgründers Mustafa Kemal Atatürk. Eine in schwarz gekleidete junge Frau hielt in einer Hand eine leere Tränengaspatrone, in der anderen das türkische Strafgesetzbuch.

Andere Demonstranten hatten sich in türkische Flaggen gehüllt. Die Polizei, die in den vergangenen Tagen massiv Tränengas eingesetzt hatte, hielt sich zunächst im Hintergrund. Allerdings standen Wasserwerfer bereit.

Ban Ki Moon besorgt

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon zeigt sich weiter besorgt über das harte Vorgehen der türkischen Regierung gegen die Demonstranten. Er verfolge die Entwicklungen weiter genau und sei sehr traurig über die Toten und Verletzten, die es bei den Zusammenstößen gegeben habe, sagte Ban am Dienstag laut Mitteilung. Er forderte alle Beteiligten zu größtmöglicher Zurückhaltung und zur Aufnahme eines konstruktiven Dialogs auf, um vorhandene Differenzen zu beseitigen und weitere gewalttätige Zusammenstöße zu vermeiden.

Am Dienstag hatte die Polizei mindestens 85 Regierungsgener festgenommen. Ihnen werde vorgeworfen, in die Proteste gegen die Regierung verwickelt und für Gewalt gegen Polizisten verantwortlich zu sein, hieß es in Medienberichten.

Die landesweite Protestwelle hatte sich an der brutalen Räumung eines Camps von Demonstranten im Gezi-Park in unmittelbarer Nachbarschaft des Taksim-Platzes entzündet, das am vergangenen Wochenende zum zweiten Mal geräumt wurde. Die Regierung plant dort den Nachbau einer osmanischen Kaserne mit Wohnungen, Geschäften oder einem Museum.

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