Protestbewegung in Italien: Der Eroberer wird ausgeschlossen

Ausgerechnet fünf Wochen vor den Kommunalwahlen eskaliert ein Streit über den Bürgermeister von Parma. Er soll sein Amt missbraucht haben.

Federico Pizzarotti umgeben von Menschen, er winkt

Pragmatiker Federico Pizzarotti (in der Mitte) will sich nicht rausschmeißen lassen Foto: imago/Milestone Media

ROM taz | Die Fünf-Sterne-Bewegung schickt sich an, mit dem Bürgermeister von Parma ihr wohl prominentestes lokalpolitisches Gesicht aus ihren Reihen auszuschließen. „Gravierend“ sei das Vergehen Federico Pizzarottis, teilte Fünf-Sterne-Gründer Beppe Grillo auf seinem Blog mit, denn der Stadtvater habe gegen das „Transparenzgebot“ der gegen das politische Establishment Italien gegründeten Protestbewegung verstoßen.

Der Bürgermeister hatte der Öffentlichkeit – und seiner eigenen Truppe – vorenthalten, dass gegen ihn ein Ermittlungsverfahren wegen Amtsmissbrauchs läuft. Im Verfahren geht es um die Berufung der Direktorin des Stadttheaters: Pizzarotti hatte zunächst eine Auswahlkommission berufen, dann aber keinen der von der Kommission begutachteten 20 Kandidaten berufen, sondern seine Favoritin nominiert.

Der juristische Vorwurf ist dünn, denn dieses Recht steht dem Bürgermeister zu, und die Staatsanwälte ermitteln auch nur, weil ihnen das für sie bindende Ermittlungsbegehren eines Politikers aus den Reihen der Partito Democratico (PD) des Regierungschefs Matteo Renzi zugegangen ist.

Eine Einstellung des Verfahrens gilt daher als sicher – zugleich aber auch der Rauswurf Pizzarottis aus dem Movimento 5 Stelle (M5S). Vor vier Jahren war seine Wahl der erste kommunalpolitische Triumph des M5S: Erstmals eroberte er eine Großstadt. Doch in der Folge geriet der Bürgermeister immer wieder mit Grillo und dem zweiten Mann, dem vor Kurzem verstorbenen Gianroberto Casaleggio, aneinander. Zu pragmatisch gebärdete sich Pizzarotti in ihren Augen, zu oft kritisierte er die harte Linie der Spitze gegen echte oder vermeintliche Dissidenten in der Bewegung, die regelmäßig rausflogen.

Der Krach scheint unausweichlich

Doch auch wenn er im M5S bald einen Paria-Status hatte, wagten Grillo und Casaleggio nie, ihn auszuschließen; zu hoch war seine Popularität in der Stadt, zu groß auch sein Anhang unter den Fünf-Sterne-Aktivisten, vor allem in seiner Region, der Emilia Romagna.

Jetzt aber, so scheint es, ist der Vorwand gefunden, um mit Pizzarotti abzurechnen, auch wenn die M5S-Spitze einen denkbar ungünstigen Zeitpunkt gewählt hat. In fünf Wochen finden in den vier größten italienischen Städten – Rom, Mailand, Neapel und Turin – sowie in Bologna Kommunalwahlen statt, und M5S hatte bisher kräftigen Rückenwind. Der Renzi-Enthusiasmus ist deutlich abgeflaut, in den Meinungsumfragen liegt die Protestliste bei 28 Prozent und damit nur zwei Punkte hinter Renzis PD.

In Rom hat die M5S-Kandidatin bisher beste Chancen, das Rathaus zu erobern. Ein innerer Krach beim M5S könnte diese Chancen eintrüben. Der Krach wird sicher kommen: Pizzarotti kündigte an, zur Not gegen seinen Ausschluss vor Gericht zu ziehen.

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