Proteste gegen Ölbohrungen: Portugiesen gegen „Oilgarve“

Von der Algarve bis nach Porto soll nach Öl gebohrt werden. Die Portugiesen sind davon wenig begeistert. Sie fürchten um den Tourismus.

Menschen gehen auf einem Strand in Portugal spazieren

Stehen an diesem Strand bald Bohrtürme? Foto: reuters

MADRID taz | Sonne, herrliche Strände, Blick aufs Meer: Portugal lebt vom Tourismus. Genau deshalb sind viele Portugiesen in Aufruhr. Denn überall am Meeresgrund im Atlantik vor dem südwesteuropäischen Land sowie in einigen Teilen des Landesinneren wird Erdöl vermutet. Viel Erdöl. Selbst bei den derzeitigen niedrigen Ölpreisen sollen die Reserven 43 Milliarden Euro wert sein, hoffen die Konzerne, die Lizenzen für Probebohrungen erhalten haben.

Die Bevölkerung ist davon wenig begeistert. Viele fürchten eine Ölpest wie im Mississippi-Delta in den USA, wo 2010 ein Bohrturm von einen Orkan und Wellen abgerissen wurde. Am Sonntag rufen Umweltschützer deshalb zu Demonstrationen in Lissabon und Porto gegen die Erdölsuche. „Oilgarve – no“ heißt das Motto, denn die größten Claims befinden sich vor der Küste der Algarve.

Erstmals wurde 1973 gebohrt. Dann war lange Ruhe. Bis die Konservativen in der vergangenen Legislaturperiode die Lizenzen für weitere 50 bis 60 Jahre erneuerten. Einige der Verträge wurden nur wenige Tage vor den Parlamentswahlen vor einem Jahr unterzeichnet, bei denen eine linke Mehrheit die Konservativen ablöste. Betroffen sind 11 Gebiete von der Grenze mit Spanien im Südosten Portugals bis hinauf nach Porto. Die Claims umfassen eine Gesamtfläche von 33.000 Quadratkilometer.

Werden die Ölfirmen aus Italien, Spanien und Portugal fündig, könnten schon bald Bohrtürme den Blick der Badenden verbauen. „Es gibt kein Land, dass Energieressourcen entdeckt hat und sie nicht ausbeutet“, mahnt die portugiesische Behörde zur Überwachung des Erdölmarktes.

Vorübergehender Bohrstopp

Die Bürgerinitiativen sehen das anders. „Man kann für die Rettung des Klimas sein oder für die weitere Nutzung von fossilen Brennstoffe sein. Beides auf einmal geht nicht“, erklärt Laurinda Seabra von der Vereinigung für Surfen und Meeresaktivitäten (Asmaa), einer der aktivsten NGOs. Sie will, dass das Öl dort bleibt, wo es ist. Keine einfache Forderung in einem hochverschuldeten Land. „Portugal ist ganz gut in Sachen erneuerbarer Energien positioniert. Das sollten wir ausbauen“, sagt Seabra.

Die Proteste zeigen erste Erfolge. Die neue Parlamentsmehrheit aus Sozialisten, Linksblock, Kommunisten und Grünen, die die Minderheitsregierung des Sozialdemokraten Antonio Costas stützen, verabschiedeten im Juli einen vorübergehenden Stopp der Probebohrungen. Erst einmal müssten ausführliche Umweltgutachten erstellt werden, verlangte der Parlamentsbeschluss.

Laurinda Seabra, Aktivistin

„Portugal ist ganz gut in Sachen erneuerbarer Energien“

Um einen der Ölkonzerne kümmern sich bereits die Gerichte. Sousa Cintra, Besitzer von Portfuel, kaufte sich Land in der Region Alantejo. Dort bohrte er 500 Meter in die Tiefe, angeblich nach Wasser. Cintra ließ auch dann weiterbohren, als er längst auf die grundwasserführende Schicht traf. Hätte er tatsächlich Öl gefunden, wären große Teile des Grundwassers des Alantejo verunreinigt worden. Die Ermittlungsbehörden fragen sich jetzt, wie jemand eine Lizenz für eine solche „Wasserbohrung“ erhalten konnte.

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