Proteste gegen Rechte: Demo gegen Neonazi-Ausstatter

Seit einem Jahr kaufen Neonazis in Schöneweide ihre bevorzugten Klamotten im Laden des Berliner NPD-Chefs. Zum Jahrestag hat sich ungebetener Besuch angekündigt.

Eine frühere Anti-Nazi-Demo in Schöneweide. Bild: DPA

Ein überparteiliches Bündnis aus dem Bezirk Treptow-Köpenick mobilisiert gemeinsam mit der Antifa für den heutigen Samstag zu einer Demonstration durch die Neonazi-Hochburg Schöneweide. Beginn ist 17 Uhr auf dem S-Bahnhofs-Vorplatz. Anlass ist das einjährige Bestehen des Ladens „Hexogen“. Dort verkauft NPD-Landeschef Sebastian Schmidtke „alles für den Aktivisten“, also Schlagwaffen, szenetypische Kleidung und Campingbedarf im Militärlook. Die Organisatoren rechnen mit 500 Teilnehmern.

„Ein Jahr Hexogen ist ein Jahr zu viel“, sagte Hans Erxleben vom überparteilichen Bündnis der taz. Er gab sich optimistisch: „Ich glaube, dies wird die letzte Demo gegen den Militärladen sein.“ Seine Hoffnung schöpft er aus der Räumungsklage des Vermieters gegen Schmidtke. Ende Juni scheiterte ein Gütetermin vor dem Landgericht. Am 23. Juli könnte es ein Urteil geben. Vieles spricht für Räumung.

Der Ortsteil im Südosten der Stadt hat sich in den vergangenen Jahren als „Wohnzimmer“ der rechten Szene etabliert. Gleich neun Läden, von der Nazikniepe „Zum Henker“ über einen Getränkestützpunkt bis zu einem „sozialen Buchladen“, werden der rechten Szene zugeschrieben. In zwei Clubs gehen Rechte und Rocker gemeinsam ein und aus. Beide Szenen beginnen sich zu vermischen. „Dadurch erfüllt Schöneweide für die Berliner Neonazis gleich mehrere Funktionen“, schreibt die Antifa Südost in ihrem Demonstrationsaufruf: „Dort schaffen sie sich gegenseitig Arbeitsplätze, dort können sie ungestört feiern, Veranstaltungen durchführen und sich vernetzen.“ Aufgrund der starken Präsenz im Stadtbild würden sie zeitweilig eine rechte Hegemonie im Kiez schaffen.

Schöneweide ist aber nicht nur Rückzugsraum der Rechten. Von hier aus starten und planen sie auch Aktionen in ganz Berlin und darüber hinaus. Zum Naziaufmarsch in Dresden im Februar sowie zu dem in Marienfelde im April stiegen sie in Schöneweide in ihre Busse. Der Stadtteil „ist somit nicht nur ein Problem für die Anwohnerinnen, sondern für ganz Berlin und sollte auch von ganz Berlin bekämpft werden“, schreibt die Antifa weiter.

Und: Die Demonstration richtet sich nicht nur gegen die rechte Szene, sondern auch gegen das große Desinteresse der Nachbarn rund um die Brückenstraße. Viele haben sich inzwischen mit den Rechten engagiert und sehen eher die linken Demonstranten als Störenfriede. Darum sei es auch wichtig, wie Hans Erxleben vom überparteilichen Bündnis betont, dass die Demonstration friedlich bleibt. Bei der letzten Antifademo durch den Ortsteil wurden Böller und Steine geworfen, eine Fensterscheibe ging zu Bruch. Das erzeuge keine Sympathie.

Nach Polizeiangaben hat die NPD eine rasch angemeldete Gegenkundgebung wieder zurückgezogen – ein bisher einmaliger Vorgang in Berlin. „Der Standort der Kundgebung war nicht genehmigungsfähig, weil es zu Problemen mit der Demonstration der NPD-Gegner hätte kommen können“, sagte ein Polizeisprecher der taz. Am Donnerstag hätte es der Polizei zufolge ein Kooperationsgespräch gegeben zwischen der Polizei und Sebastian Schmidtke in seiner Funktion als NPD-Chef mit dem Ziel, einen neuen Ort zu finden. Das scheiterte nach Polizeiangaben.

Auch Studierende der nahen Hochschule für Technik und Wirtschaft engagieren sich: Sie haben entlang der Demoroute bunte Kühe aufgehängt – das Symbol für das nichtbraune Schöneweide. Zur Beratung gegen die rechte Hegemonie lädt das Zentrum für Demokratie Treptow-Köpenick für den 11. August zu einem Open Space. Dort sollen Ideen gesammelt werden, wie man den Kiez in einen bunten Stadtteil verwandeln kann, in dem Rechte keinen Raum mehr finden, sich zu vernetzen.

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