Proteste gegen Wahlrecht in Kuwait: Gummigeschosse und Lärmgranaten

Zehntausende Menschen protestierten in Kuwait gegen eine Wahlrechtsänderung. Die Polizei nahm zahlreiche Demonstranten fest. Es gab Verletzte.

Umstrittenes Wahlrecht: Die Polizei ging gewaltsam gegen oppositionelle Demonstranten vor. Bild: dpa

KUWAIT-STADT afp | Im Golfemirat Kuwait sind am Sonntag Bereitschaftspolizisten mit aller Härte gegen zehntausende Menschen vorgegangen, die gegen eine umstrittene Änderung des Wahlrechts protestierten. Die Polizei setzte Augenzeugen zufolge in der Hauptstadt Tränengas, Lärmgranaten und Gummigeschosse gegen die Demonstranten ein. Mehrere Menschen wurden demnach verletzt, außerdem gab es zahlreiche Festnahmen.

Die islamistische und nationalistische Opposition hatte aus Protest gegen die Änderung des Wahlrechts vor der vorgezogenen Parlamentswahl am 1. Dezember zu den „größten Protesten in der Geschichte Kuwaits“ aufgerufen.

Ursprünglich wollte sie von drei Punkten in der Stadt zum Seif-Palast marschieren, in dem sich die Büros des Emirs, des Kronprinzen und des Regierungschefs befinden. Doch das Innenministerium verbot alle Versammlungen und Proteste außer auf dem Platz vor dem Parlament.

Die Veranstalter gaben die Zahl der Demonstranten mit rund 100.000 an. Unabhängige Beobachter sprachen von 30.000. Die Polizei machte keine Angaben. Der frühere Abgeordnete Abdallah al-Barghasch sagte der Nachrichtenagentur afp, er habe gesehen, wie Verletzte mit Krankenwagen weggebracht wurden. Das harte Vorgehen gegen die Demonstranten sei für Kuwait „beispiellos“.

Opposition befürchtet Beeinflussung der Wahl

Die Opposition hatte am Samstag nach Verabschiedung der umstrittenen Änderung des Wahlrechts durch das Kabinett von einer „Kriegserklärung“ gesprochen und der Regierung vorgeworfen, damit die Wahl zu ihren Gunsten beeinflussen zu wollen. Nach Darstellung des Emirs Scheich Sabah al-Ahmad al-Sabah soll die Reform dagegen die „nationale Einheit“ schützen und eine Spaltung entlang konfessioneller Linien verhindern.

Die Behörden nahmen den islamistischen Abgeordneten Osama al-Munawer fest. Am Donnerstag waren bereits drei andere oppositionelle Abgeordnete des aufgelösten Parlaments festgenommen worden. Die Staatsanwaltschaft verlängerte ihre Inhaftierung am Sonntag um weitere zehn Tage, wie einer ihrer Anwälte mitteilte.

Im Dezember vergangenen Jahres hatte der Emir das Parlament aufgelöst, nachdem es inmitten von Korruptionsvorwürfen gegen Ministerpräsident Scheich Nasser Mohammad al-Ahmad und mehrere Parlamentsmitglieder massive Proteste gegeben hatte. Die Folge waren Neuwahlen im Februar, in denen die Islamisten die Mehrheit erzielten.

Nur vier Monate später jedoch erklärte das Verfassungsgericht die Wahlen für ungültig und setzte das 2009 gewählte regierungstreue Parlament wieder ein. Zur Begründung hieß es, das Dekret zur Auflösung des Parlaments sei verfassungswidrig.

Sechs Parlamentsauflösungen seit 2006

Gegen die Entscheidung gingen im Juni tausende Kuwaiter auf die Straße. Die Regierung trat aus Protest gegen das Urteil zurück, die Opposition boykottierte die Parlamentssitzungen mit der Begründung, mehr als ein Dutzend Abgeordnete würden der Korruption beschuldigt. Anfang Oktober löste der Emir das Parlament erneut auf, wobei er einer Empfehlung der Regierung und einer Forderung der Opposition entsprach.

Kuwait durchlebte seit 2006 viele politische Krisen. Neun Regierungen traten seitdem zurück, insgesamt sechs Mal wurde das Parlament aufgelöst. Als erste Golfmonarchie führte Kuwait 1962 ein gewähltes Parlament ein. Doch die Verfassung sieht umfassende Machtbefugnisse für die politische Führung vor.

Die Regierung wird von der seit 250 Jahren herrschenden Al-Sabah-Dynastie dominiert. Die Opposition will die Erbmonarchie durch eine konstitutionelle Monarchie ersetzen, in der die Parlamentsmehrheit über den Ministerpräsidenten entscheidet.

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