Proteste im spanischen Fußball: 15 Sekunden Stillstand
In Spaniens Männerfußball protestieren die Spieler gegen das geplante Ligaspiel in Miami. Die Weltregie zensierte die Bilder.
15 Sekunden lang stand der Fußball in Spanien still. Nicht für eine Schweigeminute, sondern im Zeichen der Rebellion: Ligaweit protestieren die Spieler gegen „mangelnde Transparenz und fehlenden Dialog“ bei der Verlegung eines Liga-Spiels in die USA. Im Dezember nämlich soll der FC Barcelona ein etwas unübliches Auswärtsspiel austragen: Gegen den FC Villarreal wird erstmals im US-amerikanischen Miami gekickt. Es geht um das Übliche, kapitalistische Expansion, neue Märkte für den finanziell angeschlagenen spanischen Fußball, TV-Rivalität mit der enteilten Premier League und so fort. Die UEFA hat dafür grünes Licht gegeben. Das Entsetzen ist groß.
Bei jeder Partie bis Redaktionsschluss wurde 15 Sekunden stillgestanden. Nicht nur an neutralen Standorten wie Oviedo oder Sevilla, auch die Spieler von Barcelona selbst haben sich beim Heimspiel gegen Girona beteiligt, wenn auch mit ein wenig diplomatischer Vorsicht. „Wir waren kein Teil des Protests, aber wir hatten das Gefühl, dass wir aus Respekt für unsere Profikollegen mitmachen sollten“, so Mittelfeldstar Pedri. Die TV-Weltregie versucht derweil, den Widerstand unsichtbar zu machen: Die Aktionen waren nicht zu sehen. Stattdessen zeigten die Sender etwa eine Außenansicht vom Stadion oder den Mittelkreis. Immerhin wiesen teils Kommentatoren auf das Geschehen hin.
Viel genützt hat diese Zensur in Zeiten von Handykameras nicht. Und Thema waren die Proteste eh schnell überall. Denn so unterschiedlich die Interessen sein mögen, richtig Lust auf den Kick hat niemand: Für die beteiligten Spieler bedeutet der Langstreckenflug eine erhebliche Mehrbelastung im ohnehin übervollen Kalender, zumal Barcelona kurz darauf schon zum Supercup nach Saudi-Arabien jetten muss.
Viel Solidarität
Die anderen Teams, nicht zuletzt Gegner Villarreal, argwöhnen einen Wettbewerbsvorteil für Barcelona an Messis Heimstätte und damit Schiebung im Meisterschaftskampf. Die Spielervereinigung empört sich über fehlenden Dialog. Und Fans protestieren gegen ihre Ausgrenzung und den Verlust lokaler Bindung. Nur die Klimakatastrophe findet niemand so wichtig.
Viele Trainer haben sich mit den Spielern solidarisiert, darunter Diego Simeone, Xabi Alonso und Bilbaos Coach Ernesto Valverde. Barca-Coach Hansi Flick erklärte derweil, seine Spieler seien nicht glücklich, er sei nicht glücklich, aber La Liga habe nun mal entschieden. Glücklich ist nur Barca-Präsident Joan Laporta. Der sagt: „Das Spiel wird definitiv eine große Show.“
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