Proteste in Afghanistan: Zwei US-Militärberater erschossen

Bei einem Schusswechsel im afghanischen Innenministerium kamen zwei Angehörige der US-Army ums Leben. Gleichzeitig dauern die blutigen Proteste gegen eine Koranverbrennung an.

US-Soldat patrouilliert vor dem Innenministerium in Kabul. Bild: dpa

KABUL dapd/afp | Bei einem mysteriösen Zwischenfall im schwer bewachten Kabuler Innenministerium sind am Samstag zwei US-Berater erschossen worden. Die Demonstrationen gegen die Verbrennung von Koran-Ausgaben und anderen religiösen Schriften auf einem US-Stützpunkt gingen den sechsten Tag in Folge weiter.

Ein Sprecher der Taliban, Sabjullah Mudschahid, sagte, ein Aufständischer habe die US-Berater als Rache für die Koran-Verbrennungen erschossen. Aus afghanischen Regierungskreisen verlautete dagegen, an der Schießerei im Ministerium seien keine Afghanen beteiligt gewesen. Der Zwischenfall habe in einem gesicherten Raum stattgefunden, zu dem afghanisches Personal keinen Zugang gehabt habe, sagte einer von zwei Gewährsleuten.

Die Nato-Schutztruppe ISAF hingegen betonte, der Täter sei nicht westlicher Herkunft. Oberstleutnant Jimmie Cummings bestätigte, dass es zwei Tote gegeben habe. Aus Kreisen des US-Verteidigungsministeriums verlautete, dass es sich bei den Opfern um Amerikaner handele. Die US-Regierung hat die tödlichen Schüsse auf zwei US-Militärberater in Afghanistan scharf verurteilt. Der Vorfall sei "inakzeptabel", erklärte ein Sprecher des Pentagon, George Little, am Samstag in Washington.

Zwei westliche Gewährsleute sagten der Nachrichtenagentur AP, die beiden US-Berater - ein Oberstleutnant und ein Major - seien mit Schüssen in den Hinterkopf getötet worden. Der Täter sei entkommen. Eine Großfahndung sei im Gange. Der afghanische Verteidigungsminister Abdul Rahim Wardak kondolierte US-Verteidigungsminister Leon Panetta telefonisch, teilte Pentagon-Sprecher George Little mit.

Schutz der Koalitionstruppen

Die USA verurteilte die Tat "in der schärfsten möglichen Weise", fügte Little hinzu. Wardak habe angedeutet, dass Präsident Hamid Karsai einen Rat ranghöchster Repräsentanten aus Politik, Justiz und Religion einberufe, um Maßnahmen zum Schutz der Koalitionstruppen zu erörtern.

Der amerikanische Kommandeur der Nato- und US-Truppen, General John Allen, rief alle Nato-Mitarbeiter aus afghanischen Regierungsstellen zurück. Dies sei eine Schutzmaßnahme erklärte er. Laut Little traf Allen nach der Tat mit dem afghanischen Innenminister Bismullah Chan Mohammadi zusammen.

Mudschahid teilte im Namen der Taliban mit, bei dem Täter handele es sich um einen Aufständischen namens Abdul Rahman. Er sei mithilfe eines Helfers im Ministerium auf das streng gesicherte Gelände gelangt. "Nach dem Angriff teilte Rahman uns telefonisch mit, dass er in der Lage gewesen sei, vier ranghohe amerikanische Berater zu töten", sagte Mudschahid. Die Taliban übertreiben oft die Zahl der Opfer ihrer Angriffe.

Proteste in mehreren Provinzen

Den sechsten Tag in Folge haben am Sonntag in Afghanistan Tausende Menschen gegen die jüngste Verbrennung von Ausgaben des Korans auf einem US-Stützpunkt protestiert. In der Nordprovinz Kundus, wo deutsche Soldaten stationiert sind, in der Ostprovinz Laghman und in der Provinz Logar südlich von Kabul schlug am Samstag der zunächst friedliche Protest in Gewalt um. Seit Beginn der Proteste am Dienstag wurden nach offiziellen Angaben mindestens 28 Menschen getötet. Hunderte wurden verletzt.

In Kundus feuerte die Polizei nach Angaben eines Sprechers in die Luft, um gewalttätige Demonstranten auseinander zu treiben. Nach zunächst friedlichem Protest attackierte die Menge Gebäude der Provinzregierung und ein UN-Büro mit Steinen. Die UN bestätigten den Angriff. Der Leiter des Gesundheitsamtes in Kundus, Saad Muchtar, sagte mindestens drei Menschen seien getötet und 50 weitere verletzt worden.

Die Proteste begannen, nachdem US-Soldaten auf einem Stützpunkt Exemplare des Korans verbrannt hatten, was als Gotteslästerung gilt. Nach Angaben der Nato waren die Korane am 19. Februar versehentlich zu einer Grube zur Müllverbrennung auf dem Stützpunkt Bagram nördlich von Kabul gebracht worden. US-Präsident Barack Obama bat um Entschuldigung und sprach von einem schrecklichen Fehler.

Bei der Explosion einer am Straßenrand versteckten Bombe wurden am Samstag in Afghanistan sechs Soldaten getötet, teilte das Verteidigungsministerium in Kabul mit.

General Pfeffer löst Kneip ab

Überschattet von den Unruhen wegen der Koran-Verbrennungen übernimmt in Afghanistan am Sonntag General Erich Pfeffer das Kommando über die im Norden stationierten rund 13.000 Soldaten der ISAF-Schutztruppe.

Er folgt damit auf General Markus Kneip. Dieser wäre im Mai vergangenen Jahres bei einem Selbstmordanschlag beinahe ums Leben gekommen. Nach seiner Genesung hatte Kneip wieder seinen Posten als Kommandeur des Regionalkommandos Nord in Afghanistan übernommen.

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