Proteste in Serbien: Das Regime Vučić kann stürzen
Die andauernden Proteste in Serbien machen Hoffnung. Und sie zeigen: Die Bevölkerung lässt sich nicht einschüchtern.

G erade eben wurde bei dem Treffen von Putin und Trump in Alaska die Macht ignoranter und verantwortungsloser Autokraten aller Welt vorgeführt. Das muss allen politisch denkenden Menschen die Luft abschnüren. Die Frage „What the hell is this?“ schwebt jetzt über allem und findet keine befriedigende Antwort. Dass jetzt ausgerechnet aus Serbien, dem Land, das als erstes Land seit Anfang der 1990er Jahre eine korrupte Autokratie ausgebildet hat, jetzt Hoffnung kommt, ist eine Art List der Geschichte. Hoffnung steigt also ausgerechnet von diesem kleinen Balkanland auf, das seine blutige Geschichte noch nicht aufgearbeitet hat, jetzt aber anscheinend darangeht, seine bösen Geister ernsthaft zu bekämpfen.
Die Ereignisse in Valjevo und weiteren Orten in Serbien zeigen, wie schnell das autokratische System von Alexandar Vučić ins Wanken geraten kann, wenn die Bevölkerung beharrlich ihren Protest fortführt, ihn sogar ausweitet und sich nicht durch die Schlägertrupps des Regimes einschüchtern lässt. Nicht nur brennende Parteibüros in einigen Städten zeugen davon, vor allem aber der Mut von Aktivisten, ihre intelligenten Aktionsformen und die Solidarität von ganz normalen Menschen kann den Kipppunkt herbeiführen.
Gelänge es, die aus den Gefängnissen rekrutierten kriminellen Schläger zu isolieren und Teile der Polizei zu sich herüberzuziehen, wäre das Regime erschüttert. Das weiß natürlich auch Alexandar Vučić. Er wird alle Repressionsinstrumente und die von ihm kontrollierten Medien nutzen, um das zu verhindern und den Konflikt mit Kosovo schüren.
Putins Segen für jegliche Repression hat er sicherlich. Dass die Russen die serbische Armee faktisch kontrollieren, ist da nur eine Fußnote. Und auch, dass die Söhne Trumps bereit stehen, um mit Vučićs Segen in Belgrad zu investieren. Für die europäische und deutsche Politik aber ergibt sich so oder so ein Scherbenhaufen: Berlin jedenfalls hat Vučić immer unterstützt.
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