Proteste in Venezuela: Trotz Karneval auf den Barrikaden

Obwohl Präsident Maduro sieben freie Tage angeordnet hat, gehen die Demonstrationen weiter. Die Opposition will erst verhandeln, wenn alle Festgenommenen frei sind.

Auf die Straße statt in den Urlaub: Demonstranten in Caracas. Bild: ap

CARACAS ap | Tausende Menschen haben in Venezuela ungeachtet staatlich verordneter Feiertage am Sonntag ihre Proteste gegen die Regierung fortgesetzt. Nach einem friedlichen Marsch durch die Hauptstadt Caracas kam es erneut zu den mittlerweile fast täglichen Straßenschlachten. Einige Hundert Demonstranten errichteten Barrikaden, steckten Autoreifen in Flammen und warfen Steine sowie Brandsätze auf Sicherheitskräfte. Diese setzten Tränengas ein. Berichte über Verletzte gab es zunächst nicht.

Präsident Nicolás Maduro hatte über Karneval sieben freie Tage verordnet in der Hoffnung, dies würde die Menschen von weiteren Demonstrationen abhalten und eher an den Strand locken. „Glückseligkeit wird die Verbitterten besiegen“, sagte Maduro im staatlichen Fernsehen und fügte hinzu: „Das venezolanische Volk hat gesiegt.“ Doch auch in anderen Städten des Landes, etwa in Valencia, Mérida oder San Cristóbal hielten die Proteste an.

In dem Versuch, die Demonstranten zu beschwichtigen, ordnete Maduro am Sonntag zudem an, in den staatlichen Supermärkten subventionierte Lebensmittel zu verkaufen. Die massiven wirtschaftlichen Probleme des ölreichen Landes sind zu einem großen Teil Ursache der seit Mitte Februar andauernden Protesten. Dabei kamen bisher 18 Menschen ums Leben, mehr als 250 wurden verletzt.

Auch ließ die Regierung am Sonntag 41 Demonstranten frei, die am Freitag bei gewalttätigen Protesten im wohlhabenden Osten der Hauptstadt festgenommen worden waren. Sie müssen nun innerhalb von 30 Tagen vor Gericht erscheinen. Andere Regierungsgegner, darunter Oppositionsführer Leopoldo López blieben weiter in Haft.

Opposition fordert Aufklärung

Maduro hat die Proteste bisher als Putschversuch des „faschistischen rechten Flügels“ bezeichnet. Dennoch versucht er, die Opposition zu einem „Friedensdialog“ an den Verhandlungstisch zu holen, doch diese fordert zunächst die Freilassung aller Festgenommenen. Zudem stellt sie weitere Bedingungen, etwa die Gründung einer „Wahrheitskommission“. Diese soll aufklären, wie die 18 Menschen starben. Regierungsnahe Schläger werden beschuldigt, auf einige geschossen zu haben.

Viele der Demonstranten sind die täglichen Mühen leid, stundenlang für Lebensmittel und Medizin anstehen zu müssen. Viele Grundversorgungsmittel wie Kaffee, Toilettenpapier oder Mehl sind knapp. Die Inflation betrug im vergangenen Jahr 56 Prozent, und die Kriminalitätsrate hat ein offenbar unerträglich hohes Ausmaß erreicht. „Die Menschen wachen langsam auf“, sagte ein 21-jähriger Demonstrant aus Catia, einem ärmeren Stadtbezirk von Caracas.

Menschen aus den ärmeren Bevölkerungsschichten, die von den Sozialprogrammen des charismatischen Maduro-Vorgängers Hugo Chávez profitierten, haben sich bislang nicht im größeren Maß an den Protesten beteiligt. Diese gehen bisher vor allem von der Mittelschicht aus.

Paradoxerweise verfügt Venezuela über die größten nachgewiesenen Ölreserven der Welt. Doch seit dem Krebstod der Integrationsfigur Chávez vor rund einem Jahr kämpft das Land mit massiven wirtschaftlichen Problemen. Der äußerst knappe Sieg Maduros bei der Präsidentenwahl vergangenen April, als Oppositionsführer Henrique Capriles nur um ein Haar unterlag, heizt die Stimmung weiter zusätzlich an.

Angesichts der gewaltsamen Proteste schalten sich nun auch die Vereinten Nationen ein. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon soll sich am Montag mit dem venezolanischen Außenminister Elias Jaua in Genf treffen.

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