Prozess gegen Bo Xilai: Ein bisschen Verantwortung

Am dritten Prozesstag gegen den gefallenen chinesischen KP-Funktionär Bo Xilai räumt dieser erstmals eine Mitschuld an veruntreutem Geld ein. Und teilt weiter kräftig aus.

Nicht alle durften in den Gerichtssaal: Eine Journalistin neben dem Prozessfoto von Bo Xilai. Bild: ap

JINAN afp | Chinas gefallener Politstar Bo Xilai hat nach offizieller Darstellung erstmals Mitschuld an veruntreuten Staatsgeldern eingeräumt. Er sei Unregelmäßigkeiten auf dem Bankkonto seiner Ehefrau nicht nachgegangen und deshalb „beschämt“, sagte er am Samstag laut Veröffentlichungen des zuständigen Gerichts. Allerdings wies Bo alle Bestechlichkeits- und Amtsmissbrauchsvorwürfe zurück. Der Prozess gegen das frühere Politbüromitglied soll nun mindestens bis Sonntag dauern – und damit deutlich länger als geplant.

Das Gericht im ostchinesischen Jinan ließ statt unabhängigen Beobachtern nur Journalisten von Staatsmedien zu und berichtete über das soziale Netzwerk Sina Weibo selbst über die Verhandlungen – ohne, dass Zitate überprüft werden konnten. Dem Transkript zufolge äußerte Bo das Gefühl, „etwas Verantwortung“ dafür übernehmen zu müssen, dass öffentliche Gelder auf dem Konto seiner Frau gelandet seien und er dem nicht nachgegangen sei.

„Ich war zu nachlässig, denn das waren Staatsgelder¡, wurde der 64-Jährige zitiert. Allerdings habe er die fraglichen fünf Millionen Yuan (etwa 610.000 Euro) nicht persönlich veruntreut. Ein Zeuge hatte dagegen nach eigener Aussage mit angehört, wie Bo seine Ehefrau Gu Kailai telefonisch anwies, das Geld für ein staatliches Bauprojekt anzunehmen. „Das würde nicht einmal der dümmste Empfänger von Bestechungsgeld tun“, entgegnete Bo laut Protokoll.

Schon die ersten beiden Verhandlungstage hatte der sichtlich abgemagerte Beschuldigte zur Abrechnung mit seinen Anklägern genutzt. Seine Frau, die ihn am Freitag in einer vorab aufgezeichneten Videoaufnahme belastete, nannte er eine „geistesgestörte“ Lügnerin, ihre Aussagen „lächerlich“. Sie spielt eine zentrale Rolle in dem Prozess, da die Affäre erst durch den Mord an einem britischen Geschäftsmann ins Rollen gekommen war – ein Verbrechen, für das Gu zu einer langen Haftstrafe verurteilt wurde.

Streit um den Polizeichef

Bo gab am Samstag zu, sich als Parteichef von Chongqing eine „grobe Fehleinschätzung“ bei den Mordermittlungen geleistet zu haben. „Ich hatte nie die Absicht, Gu zu schützen“, sagte er laut Protokoll am dritten Prozesstag. Doch die Anklage wirft ihm genau das vor, da er Polizeichef Wang Lijun abgesetzt habe, um einen Mitwisser in der Mordaffäre unschädlich zu machen. „Ich wollte Wang Lijun nicht loswerden“, wurde Bo nun zitiert. Wang indes behauptete vor Gericht das genaue Gegenteil.

Der schwer gesicherte Prozess gegen den einstigen Spitzenfunktionär Bo, der im Zuge der Affären erst aus dem Politbüro, dann aus dem Parlament und schließlich ganz aus der Kommunistischen Partei ausgeschlossen wurde, fesselt die chinesische Öffentlichkeit. Insgesamt geht es um Bestechungsgelder in Höhe von umgerechnet 3,3 Millionen Euro. Auch Enthüllungen über Privatjets, Villen und außereheliche Affären sorgten für öffentliches Aufsehen.

Beobachter sehen in dem Verfahren einen Schauprozess, mit dem die Staatsführung ihren verschärften Kampf gegen Korruption demonstrieren will. Ein Schuldspruch samt langer Gefängnisstrafe gilt als ausgemacht. Chinesische Medien halten sich bei der Berichterstattung größtenteils an die Vorgaben der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua, die Bos Argumente zur eigenen Verteidigung weitgehend außen vor lässt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.