Prozess gegen mutmaßliche Taschendiebe: Angeklagte fühlen sich wenig schuldig

Drei Angeklagten wird vorgeworfen, von Rumänien aus organisierten Taschendiebstahl durchgeführt zu haben. Drei Jahre liefen die Ermittlungen.

Angeklagte im Prozess

Haben sie ganze Teams nach Berlin zum Klauen geschickt? Die drei Angeklagten im Prozess Foto: dpa

BERLIN dpa | Die drei Angeklagten saßen hinter Panzerglas: Drei Jahre nach Beginn großangelegter Ermittlungen gegen organisierten Taschendiebstahl hat in Berlin der erste Prozess gegen mutmaßliche Hintermänner begonnen. Die drei Angeklagten – ein Paar und sein Sohn – sollen von Rumänien aus die Fäden für Taschendiebstähle gezogen haben.

Die Verteidiger erklärten zu Beginn des Prozesses am Freitag vor dem Landgericht, Bewährungsstrafen seien angemessen. Für den 41-jährigen Vater sagten die Anwälte, er fühle sich nicht sehr schuldig. Die Ermittlungen galten als eines der größten europaweiten Verfahren gegen organisierten Taschendiebstahl.

Den Angeklagten wird vorgeworfen, Teams mit jugendlichen Dieben zusammengestellt, instruiert, nach Berlin geschickt und kontrolliert zu haben. Durch „Drohungen und ständiges Auffordern“ hätten sie die jungen Diebe – darunter auch eigene Kinder – zum Stehlen gebracht. Zu den Taten sei es vor allem auf Rolltreppen in U- und S-Bahnhöfen gekommen. Ferner hätten die Angeklagten für Unterkunft in kleinen Hotels und für den Transfer der Beute nach Rumänien gesorgt. 21 Fälle von Oktober 2013 bis Februar 2014 sind angeklagt.

Die 41 und 42 Jahre alten Eltern und der 21-jährige Sohn waren Ende 2015 in Rumänien und Spanien verhaftet worden. Ob sie sich im Prozess äußern werden, ist noch offen. Der Staatsanwalt kündigte an, dass aus seiner Sicht bei Geständnissen Strafen zwischen sechs und acht Jahren Haft zu verhängen seien. Die Richter kündigten einen sogenannten Verständigungsvorschlag an.

Die Angeklagten, die zur Volksgruppe der Roma gehören und aus der ostrumänischen Stadt Iasi stammen, fühlen sich nach Angaben ihrer Verteidiger wenig schuldig. Für die Mutter sagte eine Anwältin, die Frau habe als verzweifelte Mutter geholfen. „Es könnte sich bei ihr in erster Linie um Beihilfe handeln.“ Zudem gehe es im Prozess um geringe Beträge, die auch aus anderen Quellen stammen könnten. „Es wurde auch vom Betteln gelebt“, sagte die Anwältin.

Unter anderem hatten Telefonüberwachungen auf die Spur der Angeklagten geführt. So soll der Sohn 2014 von Frankreich aus seine Mutter angerufen und gefordert haben: „Schicke meinen Bruder nach, damit er das Klauen lernt.“ Über die angeklagten Eltern soll eine junge Diebin gesagt haben, diese seien „wie Generäle“.

Ein starker Anstieg von Taschendiebstählen in Berlin war 2013 Auslöser des Verfahrens. Durch europaweite Fahndungen wurden 79 Verdächtige ermittelt – darunter sieben mutmaßliche Drahtzieher und 54 zumeist minderjährige Diebe. Der Pilotprozess wird am am 24. Mai fortgesetzt.

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