Prozess wegen Menschenhandels und Zuhälterei: Ex-Bandido-Boss hinter Gittern

Wegen Menschenhandels und Zuhälterei muss der Ex-Bandido-Chef von Neumünster ins Gefängnis. Nach einer Abmachung vor Gericht gestand er - und wird Schmerzensgeld zahlen.

Stammkundschaft: Mitglieder der Bandidos werden vor einem Prozess am Kieler Landgericht durchsucht. Bild: dpa

HAMBURG taz | Fünf Jahre lang hat er sie zur Prostitution gezwungen, schwer misshandelt und abkassiert. Im Bordell überwachte er sie, per Video und Telefon, einen "Aufpasser" sowie vermeintliche Freier, die ihm als Informanten dienten. Sie musste schweigen, gegenüber allen Männern und den meisten Frauen. Über ihr Konto und ein Schließfach hatte er die Vollmacht.

Es klingt wie moderne Sklaverei, was da seit Juni vor dem Kieler Landgericht verhandelt wurde. Des Menschenhandels zur sexuellen Ausbeutung, der Zuhälterei und Körperverletzung sowie der schweren Körperverletzung angeklagt war Meick Andreas K., ehemaliger Bandido-Chef von Neumünster. Am Montag wurde er in zwei verschiedenen Verfahrenskomplexen zu vier Jahren und drei Monaten Haft verurteilt.

Es war das Strafmaß, das die Staatsanwaltschaft gefordert hatte. Das Besondere an der Straffindung: Gericht, Ankläger, Nebenklägerin und Verteidigung hatten bereits während des Prozesses abgemacht, die Haftstrafe werde nicht höher als fünf Jahre und vier Monate ausfallen. Das sollte den 48-Jährigen zu einem Geständnis bewegen. Er gestand am 19. Verhandlungstag - und verpflichtete sich, dem heute 29-jährigen Opfer mindestens 10.000 Euro Schmerzensgeld zu zahlen. Weitere zivilrechtliche Ansprüche für das Opfer entfallen.

Für Gerichtssprecher Sebastian Brommann stellen solche Abmachungen während des Prozesses eine "Arbeitserleichterung für das Gericht" dar. Allerdings falle die Strafobergrenze desto höher aus, je später der Angeklagte gestehe. "Es ist", sagt Brommann, "eben eine Art Geben und Nehmen."

Meick Andreas K. gestand auch eine Straftat gegen einen Hells Angel: Den hatte er 2009 zusammengeschlagen und lebensgefährlich verletzt. Unmittelbar zuvor hatte der damalige Flensburger Hells-Angels-Chef einen Bandido auf der Autobahn 7 derart bedrängt, dass dieser auf seinem Motorrad schwer verunglückte. Seit April 2010 sind die Bandidos Neumünster und die Hells Angels Flensburg verboten.

Katrin Seis-Acil, Anwältin des Opfers, möchte weder zum Urteil noch zur Höhe des Schmerzensgeldes Stellung nehmen - aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes, wie sie sagt. Das Opfer befindet sich im Zeugenschutzprogramm, unter anderem Namen an einem anderen Ort. "Du gehörst mir. Du bist mein Eigentum", soll Meick Andreas K. gesagt haben. Und: "Ich zerschneid dir das Gesicht und versenk dich in der Förde." 2005 hatte sie begonnen, für ihn anzuschaffen, in Kiel, Nürnberg und Hamburg. Dort konnte sie 2009 fliehen.

K. bleibt jetzt hinter Gittern, eine Bewährungsstrafe kommt nach Aussage des Gerichts nicht in Betracht - aufgrund der zahlreichen Vorstrafen des Verurteilten.

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