Prozesseröffnung Landgericht Hanau: Drei Verfahren und ein Todesfall

Ein ehemaliger SS-Mann ist kurz vor Prozessbeginn gestorben. Ein weiterer Angeklagter erscheint nicht vor Gericht, zwei andere schweigen.

Schienen führen auf das zentrale Gebäude in Auschwitz zu

Die Angeklagten waren an den Verbrechen in Auschwitz beteiligt Foto: dpa

BERLIN taz | Wenige Tage vor Beginn seines Prozesses ist ein ehemaliger Wachmann des Konzentrationslagers Auschwitz im Alter von 93 Jahren verstorben. Das teilte das Landgericht Hanau am Donnerstag mit. Ernst T. sollte sich dort ab dem 13. April wegen Beihilfe zum Mord in mindestens 1.075 Fällen verantworten, begangen zwischen dem 1. November 1942 und dem 25. Juni 1943. Das Verfahren wurde aufgehoben.

Es bleiben drei Verfahren, die derzeit gegen Beteiligte in Auschwitz ahängig sind. Vor dem Amtsgericht Detmold läuft seit Mitte Februar der Prozess wegen Beihilfe zum Mord im mindestens 170.000 Fällen gegen den 94-Jährigen ehemaligen Wachmann von Auschwitz Reinhold Hanning. Geäußert hat sich der Angeklagte in diesen zwei Monaten kein einziges Mal.

Dabei gilt seine zweieinhalb Jahre währende Anwesenheit in Auschwitz als gesichert. Ein als Zeuge geladener Beamter des Landeskriminalamts berichtete von einem handgeschtriebenen Lebenslauf Hannings, in dem dieser selbst schreibt, am 23. Januar 1942 als Angehöriger der SS-Totenkopfverbände nach Auschwitz versetzt worden zu sein. Weiter geht aus dem Papier hervor, dass der Angeklagte freiwillig der SS beitrat und sich für zunächst vier, später für 12 Jahre zum Dienst verpflichtete.

Geprägt war die Verhandlung bisher vor allem von den Aussagen Überlebender, die als Nebenkläger Zeugnis vom furchtbaren Alltag in dem Konzentrations- und Vernichtungslager ablegten. Das Gericht hat das Verfahren bis Ende Mai terminiert. Ein zweites Verfahren gegen einen früheren Auschwitz-Wachmann droht dagegen zu platzen, noch ehe es richtig begonnen hat.

Der Angeklagte Hubert Zafke (95) ist beiden bisher angesetzten Terminen vor dem Landgericht Neubrandenburg ferngeblieben und soll an verschiedenen Krankheiten leiden. Während Nebenkläger und Staatsanwalt vermuten, Zafke täusche eine Verhandlungsunfähigkeit vor, sieht die Verteidigung seinen Mandanten vom Tode bedroht, sollte das Verfahren fortgesetzt werden. Derzeit ist der Prozess bis zur Klärung des Gesundheitszustandes von Zafke ausgesetzt.

In einem dritten Verfahren in Kiel klärt das dortige Landgericht derzeit die Verhandlungsfähigkeit von Helma M. Eine Entscheidung über die Eröffung der Hauptverhandlung steht unmittelbar bevor. M., die 1944 als Funkerin bei der Kommandatur von Auschwitz eingesetzt worden war, ist der Beihilfe zum Mord in mindestens 260.000 Fällen angeklagt. Reportern gibt M. keinerlei Auskünfte. Weitere Anklagen gegen mutmaßliche NS-Verbrecher sind derzeit, 71 Jahre nach Kriegsende, nicht absehbar.

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