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Prüfung des LandwirtschaftsministeriumsKeine Ausnahmen bei Mindestlohn für Saisonkräfte

Der Bauernverband will Ausnahmen vom Mindestlohn bei Erntehelfern. Agrarminister Rainer ist offen dafür, eine interne Prüfung ergibt etwas anderes.

Auch für Ern­te­hel­fe­r:in­nen gilt der Mindestlohn Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

Berlin dpa | Ausnahmen beim Mindestlohn für Saisonkräfte in der Landwirtschaft sind nach einer Prüfung des Bundesagrarministeriums rechtlich nicht möglich. Dies ergebe sich etwa aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz im Grundgesetz, teilte das Ressort mit. Der Mindestlohn sei als absolute Untergrenze gesetzlich verankert. Dies gelte für alle Jobverhältnisse, auch für kurzfristig Beschäftigte und Saisonkräfte. Zunächst berichtete die Rheinische Post darüber.

Minister Alois Rainer hatte sich aufgeschlossen für Branchenforderungen nach Ausnahmen gezeigt und die Bewertung in Auftrag gegeben. Der CSU-Politiker sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Mir war sehr wichtig, diesen Weg sorgfältig zu prüfen.“ Viele Betriebe stünden unter erheblichem Druck – besonders da, wo noch echte Handarbeit gefragt sei wie bei Obst und Gemüse.

Bauernverband warnt vor höheren Preisen

Bauernpräsident Joachim Rukwied sprach angesichts des Prüfungsergebnisses von einem „schwarzen Tag“ für die Erzeugung von Obst, Gemüse und Wein. „Diese Entscheidung lässt jedes Bekenntnis zu einer heimischen Landwirtschaft zu einer Farce werden“, sagte er der Rheinischen Post. Die Produktion werde ins Ausland verlagert. „Unsere heimischen Erzeugnisse bei Obst und Gemüse werden deutlich teurer werden, und die Inflation wird massiv angeheizt.“

Der Bauernverband hatte vorgeschlagen, dass Saisonarbeitskräfte nur 80 Prozent des Mindestlohns erhalten sollten. Das Bundesarbeitsministerium wies bereits direkt darauf hin, dass dies unzulässig sei. Der gesetzliche Mindestlohn steigt bis 2027 in zwei Stufen auf 14,60 Euro pro Stunde.

Andere Entlastungen für Landwirte

Rainer sagte, die schrittweise Erhöhung stelle viele Höfe vor große Herausforderungen. Am Ende müsse sich der Anbau wirtschaftlich tragen. „Deshalb setzen wir auf Entlastungen an anderer Stelle.“ So würden Bürokratiekosten reduziert, die Stromsteuer gesenkt, und es gebe wieder Entlastungen beim Agrardiesel. „Auch künftig sollen qualitativ hochwertige und bezahlbare Lebensmittel aus unserer Heimat auf den Tisch kommen.“

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7 Kommentare

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  • „Diese Entscheidung lässt jedes Bekenntnis zu einer heimischen Landwirtschaft zu einer Farce werden“ Was soll man aus diesem Statement von Herrn Ruckwied schließen? Das Grundgesetzt ist pillepalle? Was für ein Verhältnis hat dieser Mann zu unserer Verfassung, unseren Normen?

  • Die Landwirte brauchen nicht vor zu hohen Preisen warnen, die Konkurrenz günstiger Waren aus Importen ist groß. Faire Entlohnung ist in Deutschland angesagt ! Sich die Taschen auf Kosten von " Gastarbeitern " voll zu machen gehört sich nicht - auch für die christlichen Bayern nicht !

    • @Alex_der_Wunderer:

      Die ausländischen Produkte werden natürlich alle zu ganz fairen Löhnen und Arbeitsbedingungen geerntet.

      • @Dromedar:In:

        Das ist kein Grund, im Wirkungsbereich unserer Gesetze, unfaire Löhne und Arbeitsbedingungen zu dulden.

        • @Erwin1.:

          Dromedar:In zeigt allerdings ein Problem auf. Einerseits wird bei der Produktion in Deutschland von Verbraucher viel wert auf faire Bezahlung gelegt, andererseits wird, wenn es ums eigene Geld geht, an der Kasse doch nur das Billigste gekauft. Wenn die Verbraucher ehrlich wären, denn müssten sie auch bereit sein den Preis zu zahlen. Einem "fair" entlohnen Erntehelfer nützt es nichts, wenn sein Arbeitgeber nicht mehr existiert und er für 7€ in Spanien oder Italien arbeiten muss.

          • @Denis:

            Das Problem der hohen Preise liegt nicht ausschließlich an fairer Entlohnung. Es wäre möglich, fair zu entlohnen, ohne gleichzeitig zu hohe Preise zu verlangen. Man müsste einfach nur den eigenen Profitanspruch etwas mindern. Der wird nämlich bei jeglicher Argumentation ausgeblendet und es wird so getan, und zwar ständig bei allen Diskussionen um Mindestlohn, als ob alle Unternehmer/Dienstleister lediglich kostendeckend arbeiten würden und bei höheren Lohnausgaben eigene Kosten nicht mehr gedeckt seien, ohne Preise zu erhöhen, was eben aber nur in Teilen stimmt. Ich finde, man darf an dieser Stelle durchaus auch das böse Wort Kapitalismus in den Mund nehmen und den diskutieren. In Zeiten, in denen jeder Otto Normalbürger Abstriche in seinem Lebensstandard machen muss und das nicht im gleichen Tempo bzw gar nicht steigende Gehalt an die aber sehr wohl stetig mehr oder weniger, aber auf jeden Fall stetig steigenden Nahrungspreise, Lebenshaltungskosten, Freizeit, Kultur Gastronomie. usw. ans eigene Gehalt anpassen. Dass alles teurer wird, bedeutet, dass man eben nicht mehr in gleichem Maße wie vorher, sich alles leisten oder vermögend sein kann, gilt wohl nur für unter 40000/Jahr

            • @Edda:

              Zwei Fragen:



              1. Was glauben Sie denn was ein durchschnittlicher Landwirt verdient?



              2. Wie kommen Sie darauf?