Querelen beim HSV: Der Kampf geht weiter

Ex-HSV-Boss Bernd Hoffmann hat sich wieder an die Spitze der Profis getrickst. Der neue Sportchef hat schon klar gemacht, dass er mit dem Sportdirektor nicht kann.

Für Peters könnte es eng werden zwischen Becker und Hoffmann Foto: dpa

HAMBURG taz | Am späten Samstagabend verschickte der Hamburger SV eine Pressemitteilung. Der Zeitpunkt mag überraschend sein, ihr Inhalt aber nicht: Bernd Hoffmann ist für die Dauer von einem Jahr interimsweise neuer Vorstandsvorsitzender. Das habe der bis dato von Hoffmann geführte Aufsichtsrat beschlossen, heißt es. Gleichzeitig bleibe er Präsident der Amateur- und Breitensportler des HSV e.V., womit er so viel Macht auf sich vereint wie kein anderer vor ihm.

Erinnerungen werden wach an Hoffmanns erste Amtszeit zwischen 2003 und 2011, als sein damaliger Vorstandskollege Dietmar Beiersdorfer nach etlichen Streitereien von sich aus um Vertragsauflösung bat und gleichzeitig kritisierte, dass sich die Vereinsstruktur immer mehr an einer einzigen Person orientiere. Gemeint war Hoffmann, dem er Kompetenzüberschreitungen vorwarf. Viele Beobachter des HSV sehen die Trennung des einst erfolgreichen Führungsduos als Beginn des Absturzes vom Spitzenklub zum Absteiger.

Sieben Jahre nach seinem Aus ist Hoffmann am Ziel einer langen Reise, die irgendwann im letzten Winter mit der Idee begonnen hatte, sich um das Amt des Vereinspräsidenten zu bewerben. Was viele ehemalige Mitstreiter und Kritiker schon damals ahnten, Hoffmann zunächst aber entschieden abstritt: Die Kandidatur war nur Mittel zum Zweck, um wieder am großen Rad mitzudrehen, nämlich der HSV Fußball AG, die die Profiabteilung besitzt.

Man kann Hoffmanns Vorgehen als perfide oder einfach nur als clever bezeichnen. Als einziger im HSV-Umfeld hat er verstanden, sich die Möglichkeiten der Klubsatzung und des Aktienrechts perfekt zunutze zu machen. Denn laut Paragraf 105 „kann der Aufsichtsrat einzelne seiner Mitglieder zu Stellvertretern von fehlenden oder verhinderten Vorstandsmitgliedern bestellen“, solange die interimistische Amtszeit die Dauer von einem Jahr nicht übersteigt. Dass Hoffmann nach dieser Zeit freiwillig ins Kontrollgremium zurückkehrt, glaubt jedoch kaum jemand.

Bis dahin bleibt viel Zeit. Eine andere Entscheidung ist derweil getroffen: Holstein Kiels Sportgeschäftsführer Ralf Becker wird neuer Sportvorstand. „Es war ein intensiver Auswahlprozess von fast 100 Tagen, in dem wir den Kreis immer weiter eingegrenzt haben“, sagt Hoffmann. „Ich glaube, Ralf Becker ist exakt der richtige Sportvorstand für unseren Verein. Er kennt die zweite Liga in- und auswendig.“

Reibungslos ist die Findung allerdings nicht abgelaufen. Keine 48 Stunden nach der Aufsichtsratssitzung sind detailreiche Inhalte der Gespräche in unterschiedlichen Medien nachzulesen gewesen. So soll sich der Aufsichtsrat zunächst für den Paderborner Manager Markus Krösche entschieden haben. Die Verhandlungen scheiterten allerdings an den Ablöseforderungen Paderborns zwischen 2,5 und fünf Millionen Euro. Zu viel für den klammen HSV.

Becker wollten die Räte nicht, weil er signalisiert hatte, dass eine Zusammenarbeit dem bisherigen Sportdirektor Bernhard Peters schwierig werden könnte. Peters hatte sich vor einigen Wochen live in der NDR-Fernsehsendung „Sportclub“ selbst auf den Posten des Sportvorstands beworben.

Ex-Boss Hoffmann hat sich die Möglichkeiten der Klubsatzung und des Aktienrechts perfekt zunutze gemacht

Also blieb dem Aufsichtsrat keine andere Wahl, als Becker zum Sportvorstand zu bestellen. Mit einem klaren Auftrag an „alle“ Führungskräfte, wie der neue Chef des Kontrollgremiums, Max-Arnold Köttgen, auf der Vereinshomepage mitteilt: „Bringt eure Stärken ein, spielt im Team und stellt persönliche Interessen hinten an, dann haben wir die größtmöglichen Erfolgschancen.“

Gemeint haben könnte er auch Kollegen aus dem eigenen Gremium. Denn laut Hamburger Abendblatt hat mindestens einer der Kontrolleure, Michael Krall, der Geldgeber Klaus-Michael Kühne nahe steht, ein deutliches Plädoyer gegen eine Berufung Hoffmanns zum Vorstandschef gehalten.

Der „neue“ HSV startet in seine erste Zweitligasaison mit alten Problemen: Indiskretionen, Machtkämpfe und Geschacher um gut bezahlte Posten prägen den Start in eine vermeintlich bessere Zukunft.

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