RAF-Film "Wer wenn nicht wir": "Ich brauche diese Sexszene"

In seinem neuen Film erzählt Dokumentarfilmer Andres Veiel die Vorgeschichte der RAF. Eine Love-Story mit androgynem Baader und brutalem Sex.

"Für die Zuschauer ist Andreas Baader gleich Moritz Bleibtreu", sagt Veiel. Weil der ihn im "Baader-Meinhof-Komplex" gespielt hat. Bild: AP Constantin Film

Der Dokumentarfilmer Andres Veiel warnt davor, die RAF nur als eine Rebellion der 68er gegen ihre Nazi-Eltern zu verstehen. "Dieser Kampf war viel komplizierter, weil so viel Bindung da war, so viel Ambivalenz", sagt Veiel, der mit "Black Box BRD", einer Dokumentation über den RAF-Terror, bekannt wurde. "Wer wenn nicht wir" ist Veiels erster Spielfilm.

Im Mittelpunkt steht die Vorgeschichte der RAF. Der Film erzählt, wie Gudrun Ensslin und ihr Partner Bernward Vesper in den 60er Jahren versuchten, eine Liebe jenseits bürgerlicher Moralvorstellungen zu führen, sich politisch radikalisierten und später Baader diese fragile Konstruktion sprengte.

Andreas Veiel ist überzeugt, dass man das Phänomen RAF nur dann verstehen kann, wenn man das Private und Politische der Akteure zusammen betrachtet. "Das kann ich nicht trennen. Gerade bei Baader und Ensslin nicht", sagt er im Sonntaz-Gespräch. "Man kann die RAF nicht ohne diese Liebesgeschichte verstehen." Erst die Liebe habe dem Paar so viel Kraft und ein solches Charisma verliehen. "Es war nicht nur Baader, es war nicht nur Ensslin, es waren beide zusammen. Ensslin hat das Projekt, aber sie braucht jemanden, der es umsetzt."

Veiel legte Wert darauf, das Verhältnis der beiden nicht nur als harmonische Liebe darzustellen, zu dem es oft stilisiert wurde. "Es gab Ambivalenz, Machtspiele und Unterwerfung." Im Film gibt es eine Sexszene zwischen Baader und Ensslin, die an Vergewaltigung grenzt. Historisch ist sie nicht belegt. Veiel bezieht sich auf einen Brief von Ensslin an Baader mit einer brutalen Vergewaltigungsphantasie. "Ich brauche diese Sexszene, um von Gewalt, von Demütigung und von dem Wunsch, gedemütigt zu werden, zu erzählen."

"Wer wenn nicht wir" zeigt Andreas Baader von einer neuen, androgynen Seite. Bei Testvorführungen erzeugte das Widerstand: "Der Baader war doch ganz anders", empörten sich Zuschauer. "Wenn ich fragte: ,Wie war er denn?', wurde klar: Die Zuschauer haben den 'Baader Meinhof Komplex' gesehen", sagt Veiel. "Für sie ist Andreas Baader gleich Moritz Bleibtreu." Der Dokumentarist wollte Baader anders zeigen: "Als Spieler, der Rollen ausprobiert. Er hat sich permanent neu erfunden und damit provoziert."

Das gesamte sonntaz-Gespräch lesen Sie in der aktuellen sonntaz vom 12. Februar. "Wer wenn nicht wir" ist ab dem 10. März im deutschen Kino zu sehen.

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