RWE fordert Strafgeld: Aktivist soll 50.000 Euro zahlen

Die Proteste der Initiative im Rheinland haben noch nicht begonnen – da fordert der Energiekonzern bereits einen hohen Betrag von einem Kohlegegner.

Demonstranten vor Beginn der RWE - Hauptversammlung mit einem Transparent .

Einschüchterungsversuchen ausgesetzt: Klimaschützer bereiten sich auf Aktionen vor Foto: dpa

BERLIN taz | Eine Woche vor den geplanten Protesten des Bündnisses Ende Gelände im Rheinischen Braunkohlerevier erhöht RWE den Druck auf die AktivistInnen. Eine Anwaltskanzlei forderte Bündnis-Sprecher Daniel Hofinger im Namen des Konzerns schriftlich auf, innerhalb von zwei Wochen 50.000 Euro zu zahlen. Begründung: Er habe gegen eine Unterlassungserklärung verstoßen. „Ich habe keine 50.000 Euro“, sagte Hofinger der taz. „RWE wird keinen Cent von mir sehen.“

Ende Gelände fordert den sofortigen Kohleausstieg und organisiert etwa Blockaden von Gleisen und Tagebauen. Die Unterlassungserklärung hatte Hofinger im Sommer 2018 unterschrieben. Damit verpflichtete er sich, den Betrieb des Tagebaus und des Kraftwerks von RWE nicht zu stören und das Betriebsgelände nicht zu betreten. Die Anwälte des Konzerns argumentieren nun, dass Hofinger durch seine Tweets und öffentlichen Äußerungen andere zu Störungen angestiftet habe.

Hofinger hatte die Erklärung unterschrieben, nachdem sie ihm mehrfach zugeschickt worden war. „Ich will mich nicht vor Zivilgerichten mit RWE rumschlagen“, sagt er. „Ich dachte, ich kann auch auf anderem Wege das Klima schützen.“ Laut RWE haben 700 AktivistInnen Unterlassungserklärungen erhalten, mindestens 300 hätten sie auch unterschrieben, Ende Gelände weiß von 30 UnterschreiberInnen.

Dass eine so hohe Vertragsstrafe fällig wird, ist ungewöhnlich. Ende Gelände ist nur ein Fall bekannt, in dem ein Aktivist im niedrigen vierstelligen Bereich zahlen musste. Er hatte persönlich Betriebsgelände betreten. RWE spricht von drei Fällen, bei denen „wir auf Grundlage eines Verstoßes gegen eine Unterlassungserklärung rechtlich aktiv geworden sind“.

Ist Anstiftung Teil der Unterlassungserklärung?

Aus dem Brief an Hofinger, der der taz vorliegt, ist nicht ersichtlich, welcher Tweet genau beanstandet wird. Zitiert wird der Aktivist nur an einer Stelle – von einer Veranstaltung, von der die Aachener Zeitung berichtet hatte, Hofinger habe dort zu „zugespitzten Aktionsformen des Zivilen Ungehorsams“ aufgerufen. Es geht also um die Frage, ob schon der Aufruf zu Aktionen wie Ende Gelände gegen die Unterlassungserklärung verstößt. Doch die Anstiftung anderer ist gar nicht Teil der unterschriebenen Unterlassungserklärung. „Das geht gegen die Meinungsfreiheit“, so Hofinger. „Mir wird vorgeworfen, dass ich mich öffentlich geäußert habe.“

Thorsten Deppner, Hofingers Anwalt, glaubt nicht, dass das Unternehmen seinem Mandanten Anstiftung nachweisen kann. Dafür müsste es belegen, dass Hofinger einen bestimmten Menschen zur Störung des Betriebs überzeugt habe. „Das ist eine Strategie der Einschüchterung“, so Deppner.

Dagegen verwehrt sich RWE. „Wer eine Unterlassungserklärung unterschreibt, weil er zum Beispiel widerrechtlich in den Betrieb eingedrungen ist, ist kein Unschuldslamm“, sagte ein Unternehmensprecher auf taz-Anfrage.

Polizei schüchtert Schüler ein

Der Brief ist nicht der erste Einschüchterungsversuch gegenüber den AktivistInnen. Ende Mai hatte RWE einer anderen Ende-Gelände-Sprecherin, Katrin Henneberger, ebenfalls Hausverbot für den Tagebau erteilt und eine ähnliche Unterlassungserklärung verlangt. Henneberger sagt, sie habe bislang nicht unterschrieben.

Vergangene Woche war ein Schreiben der Aachener Polizei an Schulen in der Region bekannt geworden, in dem SchülerInnen vor der Teilnahme an den Blockaden gewarnt wurden. Der Brief erhielt mehrere Fehler, die die Polizei korrigieren musste. Schienenblockaden, bei der sich die TeilnehmerInnen nicht anketten, stellten beispielsweise „keine Straftat“ dar, teilte die Pressestelle auf Anfrage bereits am Freitag mit.

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