Rabatte auf Arzneimittelpackungen: „Es geht hier nicht ums Jammern“

Im Streit um den Apothekenabschlag wird kein weiterer Schiedsspruch gebraucht, sondern ein Vertrag, sagt Schlichter Rainer Hess.

Apotheker und Kassen im Clinch. Bild: ap

taz: Herr Hess, erneut streiten Apotheker und Krankenkassen wie die Kesselflicker über den Apothekenabschlag. Das ist der Rabatt, den die Apotheker den Kassen pro verkaufte Arzneimittelpackung gewähren müssen als Gegenleistung dafür, dass die Kassen ihnen pünktliche Vergütung garantieren. Angesichts der Unfähigkeit, sich selbst zu einigen: Ist es an der Zeit für eine verbindliche gesetzliche Regelung?

Rainer Hess: Überhaupt nicht, der Gesetzgeber wäre damit überfordert. Er kann den Rahmen abstecken, aber doch nicht über die schwierigen Details einer Leistungs- und Kostenbewertung der Apotheken entscheiden. Wir haben es hier mit einer typischen Aufgabe der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen zu tun. Allerdings müssen die Akteure verantwortungsvoll miteinander umgehen.

Was macht Sie so optimistisch, dass sich Apotheker und Kassen bei den diesjährigen Verhandlungen wie Erwachsene benehmen könnten?

Es geht diesmal nicht bloß um einen weiteren isolierten Schiedsspruch für ein weiteres Jahr, gegen den dann die eine oder die andere Seite wieder klagt. Wir stecken in einer Situation, in der bislang nicht einmal die Rechtsstreite von 2009 und 2010 abschließend entschieden sind. Wir brauchen folglich eine Gesamtlösung, die auch die Konflikte der Vergangenheit befriedet. Das ist jedenfalls mein Anspruch als Vorsitzender dieser Schiedsstelle: Ich möchte dies nicht über einen weiteren Schiedsspruch lösen, sondern, soweit möglich, über einen Vertrag.

Was ist der Vorteil einer vertraglichen Lösung?

Wenn wir Konsens über einen Vertrag herstellen, dann beweist die Selbstverwaltung ihre Handlungsfähigkeit, die Apotheker haben eine verlässliche Kalkulationsgrundlage, und dann ist diese Vereinbarung auch nicht mehr gerichtlich anfechtbar.

Die Apotheker beklagen, die Kassen schwämmen im Geld und brauchten den Abschlag nicht. Haben sie recht?

Das kann und will ich als unparteiischer Vorsitzender der Schiedsstelle nicht beurteilen. Mir ist bekannt, dass die Apotheker sich durch die Abschläge in ihrer Berufsausübung beeinträchtigt fühlen. Nach ihrer Auffassung hätten sie durch Kostenentwicklungen Anspruch auf einen niedrigeren Abschlag, zumal sie davon ausgehen, dass ihnen mit den gesetzlich für zwei Jahre festgelegten sehr viel höheren Abschlägen ein Sonderopfer auferlegt wurde. Jetzt wollen sie für die Zukunft das alte Niveau als Ausgangswert für die Leistungs- und Kostenbewertung. Die Krankenkassen sehen das naturgemäß aus ihrer Sicht anders.

Jammern die Apotheker zu viel?

Es geht hier nicht um Jammern, sondern um Ansprüche und Gegenansprüche. Der Abschlag ist die Gegenleistung dafür, dass die Apotheker die Chance haben, bei immerhin 90 Prozent der Bevölkerung ihre Arzneimittel abgeben zu können und diese auch rechtzeitig von den Kassen vergütet zu bekommen. Die Honorierung der Ärzte läuft ähnlich, da gibt es statt Abschlägen Deckelungen nach oben. Alle diese Regelungen berücksichtigen, dass wir in Deutschland ein Sozialversicherungssystem haben, in dem 90 Prozent der Bevölkerung versichert sind und relativ unbürokratisch Leistungen bekommen. Und diejenigen, die diese Leistungen erbringen, haben eine hohe Sicherheit, dass sie diese Leistungen auch vergütet bekommen.

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