Radioaktive Abfälle in Deutschland: Atommüll im Porträt

Erstmals haben Aktivisten eine Bestandaufnahme zu allen bekannten radioaktiven Abfällen vorgelegt. Der Bericht umfasst 92 Standorte.

Die Studie verweist auch auf radioaktive Abfälle aus Deutschland, die ins Ausland gebracht wurden. Bild: dpa

GÖTTINGEN taz | 92 Standorte auf 270 Seiten: Mit ihrer schlicht „Atommüll“ betitelten Studie haben der Anti-Atom-Aktivist Peter Dickel und die Politikwissenschaftlerin Ursula Schönberger die bislang wohl umfassendste Bestandsaufnahme radioaktiver Abfälle in Deutschland vorgelegt.

Der Bericht listet nach Bundesländern unterteilt alle Orte im Bundesgebiet auf, an denen bekanntermaßen Kernbrennstoff produziert wird und an denen radioaktive Abfälle entstehen oder lagern.

Dazu zählen neben stillgelegten und noch laufenden kommerziellen Atomkraftwerken und den bestehenden Endlagern Asse und Morsleben auch Forschungsreaktoren, die Brennelementefabrik in Lingen, die Urananreicherungsanlage in Gronau, die Zwischenlager für Castorbehälter an den AKW-Standorten sowie die Landessammelstellen für schwach radioaktive Abfälle. Insgesamt stellt die Studie 92 Standorte in Form von Datenblättern vor.

Die Autoren des Atommüll-Berichts – meist Mitglieder von Bürgerinitiativen und Experten der Umweltverbände – zeigen dabei die jeweiligen konkreten Probleme auf: die rostenden Tonnen im Fasslager Brunsbüttel, das Plutonium im sächsischen Forschungszentrum Rossendorf, der Reaktordruckbehälter in Jülich, der so stark strahlt, dass ein eigenes Zwischenlager für ihn gebaut werden muss. Damit, so Schönberger, unterscheide sich der Bericht wesentlich von den jährlichen „Abfallmengenprognosen“ des Bundes, in denen der Atommüll lediglich als Gesamtmenge erfasst werde.

27.000 Tonnen abgereichertes Uran aus Gronau

Claudia Baitinger vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) kritisiert in einem Beitrag die Praxis, bestimmte Abfälle aus dem Rückbau von Atomkraftwerken durch „Freigabe“ oder „Freimessen“ zu „nicht mehr Atommüll“ zu erklären. Diese könnten dann billig auf Hausmülldeponien verscharrt oder in Baustoffen und als Straßenbelag verwendet werden. Radionuklide aus dem stillgelegten AKW Lubmin etwa seien bereits im Sickerwasser einer Deponie nachgewiesen worden.

Die Studie verweist auch auf radioaktive Abfälle, die zwar in Deutschland entstanden sind, sich aber dauerhaft oder zeitweise im Ausland befinden: Etwa die rund 27.000 Tonnen abgereichertes Uran aus Gronau, die zwischen 1995 und 2009 nach Russland transportiert wurden.

Aus dem niedersächsischen Zwischenlager Leese sowie von der Braunschweiger Firma Eckert & Ziegler dürfen in den nächsten fünf Jahren etwa 1.000 Tonnen schwach radioaktive Abfälle zur Verbrennung in die USA gebracht werden.

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