Radioaktives Material: Geheime Fracht auf Ostseefähren

Einige Schiffe auf der Route zwischen Deutschland und Schweden transportieren außer Passagieren auch Uranhexafluorid. Umweltschützer warnen.

Die Reederei Stena-Line fährt die Routen nach Skandinavien. Bild: imago/Kamerapress

STOCKHOLM taz | Gefährliche radioaktive Fracht, die noch dazu ein Ziel für einen Terroranschlag sein könnte: Uranhexafluorid wird zusammen mit Hunderten Passagieren auf Ostseefähren zwischen Rostock und Trelleborg befördert. Stena-Line, die fragliche Reederei, bestätigt die Transporte: Im Januar dieses Jahres seien es sechs mit insgesamt 57 Tonnen gewesen, im vergangenen Jahr hätten fünf Transporte stattgefunden.

Rolf Lindahl, Atomkraftexperte von Greenpeace Schweden, hält diese Transporte, die am Donnerstag durch eine Reportage in der schwedischen Zeitschrift Filter bekannt wurden, für beunruhigend: „Man setzt die Passagiere einer potenziellen Lebensgefahr aus.“ Uranhexafluorid sei ein aggressiver Stoff, könne bei Freisetzung zusammen mit Luftfeuchtigkeit zu schweren Verätzungen der Luftwege führen, und es bestehe ein Explosions- und Brandrisiko.

Jesper Waltersson, Sprecher der Stena-Line, hält die Transporte für sicher und betont, sie seien von den zuständigen Behörden in Deutschland und Schweden genehmigt. Recherchen von Filter ergaben allerdings, dass weder die fraglichen Häfen noch die Feuerwehren in Trelleborg und Rostock jeweils von den Transporten Kenntnis hatten und deshalb auch auf einen möglichen Unfall nicht vorbereitet sind.

Das radioaktive Material darf auch auf Passagierschiffen transportiert werden

Helmuth Zika, Transportinspekteur der schwedischen Strahlenschutzbehörde SSM, bestritt auf Filter-Anfrage zunächst solche Transporte und meinte, Uranhexafluorid dürfe nur auf Frachtschiffen transportiert werden. Später korrigierte er sich: Auch die beiden Stena-Fähren hätten entsprechende Genehmigungen.

Er selbst hält das Unfallrisiko für gering, versteht aber, falls Reisende beunruhigt sein könnten. Zika bestätigte auch ein hohes Risiko, was Sabotage oder Diebstahl des Stoffes angeht. Dieser sei für Staaten, die ein Atomwaffenprogramm entwickeln wollten, von großem Interesse. Deswegen würden die Transporte geheim gehalten.

Das fragliche Uranhexafluorid wird aus mehreren europäischen Staaten und Russland, speziell von der Urananreicherungsanlage im westfälischen Gronau, zur Brennelementeproduktion der Firma Westinghouse Electric ins schwedische Västerås transportiert. Die Ostsee-Fährschiffreedereien TT-Line, Viking und Tallink, teilten auf Anfrage mit, solche Transporte abzulehnen. Stena-Line-Sprecher Waltersson dagegen verwies auf den „Bedarf unserer Frachtkunden“.

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