Rapper Casper: Selfies, Süppchen und Salätchen

Casper weiß, wie Selbstdarstellung im Internet funktioniert. Und beantwortet dort alle Fragen, die man niemals gestellt hätte.

Casper beim Southside Festival 2014

Na, welcher Deutschrapper ist das: Casper oder Cro? Foto: dpa

Einen Text über Casper zu schreiben, ohne Casper je getroffen zu haben, das geht nicht, das ist Mist. Schließlich muss er vorher kritisch auf seine angebliche Attraktivität geprüft werden, außerdem die immer gleichen Fragen beantworten und bitte auch einen Kaffee mit Milch trinken, damit man danach schreiben kann: Seinen Kaffee trinkt Casper mit Milch.

Vielleicht geht es aber doch. Weil für den Rapper mehr als ein Telefonat grade einfach nicht drin ist. Und man ihn schließlich auch im Internet treffen kann, wo seine Fans auf ihre Hausaufgaben schwören, dass er der allergutaussehendste Mensch der Welt ist, mit Augen, die süßer sind als alle Katzenbabys zusammen (hier bitte Herzchen und passende Emoticons einfügen).

210.000 Follower hat Casper auf Twitter, 921.555 Fans auf Facebook, 279.000 Abonnenten auf Instagram. Wenn er irgendwo präsent ist, dann dort. Und in den sozialen Netzwerken beantwortet Casper, der bürgerlich Benjamin Griffey heißt und seit 2011 in Berlin lebt, alle Fragen, die man niemals gestellt hätte. Wenn er was geraucht hat, isst er Kinder Pingui. Seine eigenen Lieder hört er selten bis nie. Nach dem Verlassen seiner Wohnung fragt er sich, ob er den Herd ausgemacht hat. Seine private Hölle ist die Warschauer Brücke gegen 16 Uhr mit einem Primark und im Hintergrund läuft französischer Reggae. Zum Weihnachtskaffee bei Oma trägt er Hawaiihemd aus Prinzip. Und er mag das Wort Klamauk.

Er selbst wird nicht von allen so gemocht wie von seinen Followern, für viele ist er nur ein Emo-Rapper in Hipsterklamotten, der sich nicht auf ein Genre beschränken will. Für seine Alben „XOXO“ und „Hinterland“ bekam er trotzdem Gold und Platin. Apropos Gold: Das Kleid ist für ihn gold-weiß, nicht schwarz-blau. Hat er auf Twitter erzählt. Vielleicht ist das seine amerikanische Seite: die Fähigkeit, Small-Talk zu machen, selbst wenn gar niemand gegenüber sitzt.

Katzenbilder und Robbenvideos

Das kann Casper auch am Telefon. Helle Stimme, freundliches Geplänkel, immer wieder spricht er seinen Gesprächspartner beim Namen an. Er erzählt, dass er morgens als erstes zum Smartphone greift und trotzdem das Gefühl hat, seine Accounts nicht genügend zu pflegen. Dass es langweilig wäre, seinen Rechner zu hacken, weil da nur ein riesiger Haufen Katzenbilder und so ein Quatsch drauf ist, wie bei jedem anderen auch. Und dass er für die Arte-Sendung, in der er mit einer zickigen Lena Meyer-Landrut durch die Berliner Nacht zieht, bekannter ist als für seine Musik. Aber: „Schlimmer wäre es, wenn es ein Video von mir gibt, wo ich Robben verprügel.“

Dann lieber Cat-Content. Wenn Casper ein Selfie im Bademantel postet, gefällt das 34.800 Leuten. Mit Katzenbabys sind es nochmal Zehntausend mehr. Der Mann weiß, wie Selbstdarstellung im Internet funktioniert. Aber im Unterschied zu den meisten anderen Stars liefert er nicht nur Inhalte. Er kommuniziert mit seinen Fans.

Regelmäßig twittert Casper “Fragt was“, und die Follower drehen durch. Die Top Fünf: Willst du mir folgen? Wie gehts dir? Momentanes Lieblingsalbum/Lieblingssong? Was hältst du von Fantattoos? Was machst du heute noch so?

Casper reagiert nicht auf alle, auf Desinteresse (“Hab keine Fragen an dich, sorry“) aber schon: „Cool.“ Und macht immer wieder deutlich, wie wichtig ihm die Menschen sind, die seine Lieder dauerschleifen. Was muss man machen, um von dir gefolgt zu werden? Frag mich nett. Freust du dich, wenn du siehst, dass du auch männliche Fans hast? Ich freu mich über alle. Wo hört Fanliebe für dich auf? Privates Stalken.

Fragen, die unbeantwortet bleiben: Warum bist du so grandios? Warum sprichst du uns aus der Seele? Würdest du gerne einen Elefanten haben, der dressiert ist?

Karotte-Kürbis-Süppchen? Stark!

Da hält sich Casper lieber an Unverfänglicheres, zum Beispiel Essen. Vielleicht, weil er Bäcker geworden wäre, wenn das mit der Musik nicht geklappt hätte. Lieblingskuchen: Fanta Schmand. Lieblingsessen: Lasagne. Lieblingsschokolade: Milka Kuhflecken. Tomaten findet er zum Kotzen. Dafür hat er schon mal Grillen gegessen und mag Mikrowellenburritos und Chicken Nuggets in Dinoform mit scharfer Soße. Und Süppchen. Karotte-Kürbis-Süppchen findet er stark. Mais-Chili-Süppchen auch geil. Manchmal guckt er Dokus über das Pochieren von Eiern. Und wenn er um sieben Uhr abends Bock auf wat mit Huhn und ein Salätchen hat, macht das DJ- und Produzentenduo Drunken Masters aus einer Blödelei mal eben einen Remix: „Insalata / mhm, what is this / Insalata / mhm, nice / Insalata / mhm, what is this / Insalata / con pollo.“ 29.511 Leuten auf Youtube gefällt das.

Und ungefähr genau so viele andere Künstler gefallen Casper. Er kann sich nicht entscheiden, ob er Drake oder Big Sean besser findet. Er verehrt Kanye West. Tom Smith von den Editors ist sein Brieffreund. Außerdem macht Casper regelmäßig Werbung für andere Musiker, bucht sie sogar für sein eigenes Festival. Beim "Castival“ in Dresden sind die österreichischen Indierocker Wanda dabei, in Dortmund die Pop-Rock-Band AnnenMayKantereit, in Berlin am Samstag der Rapper Prinz Porno.

Geht es um Casper selbst, gibt er sich bescheiden. Er hat mal den Test „Welcher Deutschrapper bist du?“ gemacht. Das Ergebnis: Cro. Und in einem Casper-Quiz hat er nur sechs von sieben Fragen richtig beantwortet. Am Telefon sagt er: „Backstage ist der langweiligste Ort der Welt.“ Und: „Morgens sehe ich ganz schlimm aus. Aber ich bin ja trotzdem gut drauf.“

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